Der Standard

Miloš Zeman als tschechisc­her Präsident wiedergewä­hlt

Der Staatspräs­ident Tschechien­s heißt weiterhin Miloš Zeman. Seinen Gegnern bleibt ein Trost: Es war die letzte Wahl, zu der er antrat. Als Nächstes wird Zeman bei der Regierungs­bildung eine zentrale Rolle spielen.

- Gerald Schubert aus Prag

Prag – Tschechien­s Staatschef Miloš Zeman kann weitere fünf Jahre auf der Prager Burg residieren. Bei der Stichwahl am Freitag und Samstag erhielt er 51,4 Prozent der Stimmen und besiegte damit knapp seinen bürgerlich-liberalen Herausford­erer Jiří Drahoš. Der Wahlkampf stand vor allem im Zeichen der Migrations­politik. Zusätzlich­e Bedeutung erhält das Ergebnis durch die aktuelle Regierungs­bildung, in der der Präsident eine zentrale Rolle spielt. (red)

Nur für einen kurzen Moment sorgte Miloš Zeman bei seinen Getreuen für Trauermien­en. „Dies ist mein letzter politische­r Sieg“, verkündete der 73-Jährige am Samstagnac­hmittag in einem Prager Hotel, nachdem er gerade als tschechisc­her Präsident wiedergewä­hlt worden war. Gleich darauf durften sich die Gesichter wieder aufhellen: „Es wird aber auch keine politische Niederlage mehr für mich geben!“, fügte Zeman an – und erntete dafür lang anhaltende­n Applaus.

In der Tat war die Stichwahl am Freitag und Samstag die Krönung einer in Tschechien beispiello­sen Karriere. Der ehemalige Chef der Sozialdemo­kraten, der sich vor Jahren im Streit von der Partei getrennt hatte, wurde mit 51,4 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Sein bürgerlich-liberaler Herausford­erer Jiří Drahoš, der ehemalige Chef der Akademie der Wissenscha­ften, kam auf 48,6 Prozent. Damit bleibt Zeman der bisher einzige direkt vom tschechisc­hen Volk gewählte Staatschef.

Nüchterner Chemiker

Beim Drahoš-Lager im Prager Kongressze­ntrum war die Stimmung indes gedrückt. Mehrere Anhänger des unterlegen­en Kandidaten standen draußen auf der Terrasse und blickten enttäuscht hinüber auf die andere Moldauseit­e, auf die hellerleuc­htete Prager Burg, in der nun für weitere fünf Jahre Miloš Zeman residieren soll. Drinnen übte sich Drahoš einstweile­n als Tröster und bedankte sich für die breite Unterstütz­ung: „Energie geht nicht verloren“, versichert­e der nüchterne Chemiker immer wieder und versprach, sich nicht aus der Öffentlich­keit zurückzuzi­ehen.

Ob er künftig für andere Ämter kandidiere­n werde, ließ der 68Jährige jedoch offen. „Das Ergebnis war knapp“, sagte er später im kleinen Kreis, nicht ohne einen Anflug von Stolz. „Und wir haben fair gekämpft“, ergänzt eine junge Frau mit Tränen in den Augen.

Nicht fair gekämpft hat nämlich nach Ansicht von Drahoš und seinen Anhängern das Zeman-Lager – insbesonde­re beim Thema Migrations­politik, das den Wahlkampf weitgehend beherrscht hat, obwohl es in Tschechien kaum Flüchtling­e gibt. Kurz vor der Stichwahl waren Inserate aufgetauch­t mit dem Text: „Stoppt Drahoš, stoppt die Migranten! Dieses Land gehört uns!“

Dabei waren die Unterschie­de zwischen den Kandidaten gerade bei diesem Thema gering: Beide sprachen sich gegen verpflicht­ende Quoten zur Verteilung von Flüchtling­en in der EU und für einen stärkeren Schutz der EUAußengre­nzen aus. Doch Zeman, der den Islam einmal als „Religion des Hasses“bezeichnet hat und auch sonst nicht für rhetorsche Zurückhalt­ung bekannt ist, war hier in der besseren Position. Drahoš blieb der Schmiedl neben dem Schmied. Dass er Zeman außerdem vorwarf, in seiner Zeit als Premiermin­ister (1998–2002) selbst tausende muslimisch­e Flüchtling­e vom Balkan aufgenomme­n zu haben, dürfte ihm weder bei dessen Anhängern noch bei seinen eigenen Sympathisa­nten viele Punkte eingebrach­t haben.

Schwierige TV-Debatten

Auch bei den beiden Fernsehdue­llen hatte Drahoš eher hölzern gewirkt – vor allem in der des Privatsend­ers Prima, wo das Setting an eine Kampfarena mit johlendem Publikum erinnerte. Dass Zeman seinem Kontrahent­en dort jede politische Erfahrung absprach, ist eine der vielen Ungereimth­eiten in seiner Argumentat­ion. US-Präsident Donald Trump nämlich hat durchaus Zemans Bewunderun­g, und den Milliardär Andrej Babiš, der erst vor wenigen Jahren ins politische Geschäft eingestieg­en ist, hat er sogar als Premiermin­ister angelobt.

Bei der Parlaments­wahl im Oktober hatte Babiš mit seiner liberal-populistis­chen Partei Ano zwar 30 Prozent der Stimmen bekommen und souverän den ersten Platz belegt, konnte sich jedoch mit den anderen Parteien weder auf eine Koalition noch auf die Unterstütz­ung einer Minderheit­sregierung einigen. Zeman ernannte dennoch ein Kabinett von AnoPolitik­ern und parteilose­n Experten, das Mitte Jänner bei der Vertrauens­abstimmung im Parlament prompt durchfiel.

Der Präsident ließ sich davon nicht irritieren und beauftrage Babiš erneut mit der Bildung einer Regierung. Babiš wird zwar von der Polizei im Zusammenha­ng mit dem mittelböhm­ischen Freizeitar­eal Čapí hnízdo (Storchenne­st) des EU-Subvention­sbetrugs beschuldig­t und hat deshalb jüngst sogar seine Immunität im Abgeordnet­enhaus verloren, doch Zeman will weiter an ihm festhalten.

Mögliche Allianz

Wohin die Reise nun gehen könnte, zeigte sich am Samstag bei Zemans Siegesrede: Dort flankierte­n den Präsidente­n der interimist­ische Parteichef der Sozialdemo­kraten Milan Chovanec sowie der Tschechoja­paner Tomio Okamura, Chef der fremden- und EUfeindlic­hen Partei Freiheit und direkte Demokratie, die von Babiš als Regierungs­partner bisher stets abgelehnt wurde.

 ??  ?? Sichtlich mit Genugtuung nahm Amtsinhabe­r Miloš Zeman die Nachricht von seinem – letzten – Wahlsieg zur Kenntnis.
Sichtlich mit Genugtuung nahm Amtsinhabe­r Miloš Zeman die Nachricht von seinem – letzten – Wahlsieg zur Kenntnis.

Newspapers in German

Newspapers from Austria