Der Standard

Gute Nachricht und schlechte Nachricht für Puigdemont

Juristisch­es Tauziehen um Zukunft des Katalanen

- Reiner Wandler aus Madrid

Das spanische Verfassung­sgericht hat eine gute und eine schlechte Nachricht für die Befürworte­r der Unabhängig­keit Katalonien­s. Die gute: Die Richter gaben dem Antrag der Madrider Zentralreg­ierung, die Sitzung des katalanisc­hen Autonomiep­arlaments zu verbieten, nicht statt. Bei dieser soll der abgesetzte Regierungs­chef Carles Puigdemont am Dienstag erneut ins Amt gewählt werden.

Die schlechte Nachricht: Puigdemont muss persönlich zur Sitzung erscheinen – und dafür braucht er die Genehmigun­g des gegen ihn ermittelnd­en Richters am Obersten Gerichtsho­f, sonst ist die Sitzung automatisc­h unrechtmäß­ig. Sollte sie dennoch stattfinde­n und Puigdemont per Videokonfe­renz zugeschalt­et werden oder ein Parteikoll­ege sein Programm verlesen, würde sich Parlaments­präsident Roger Torrent des „Ungehorsam­s“schuldig machen.

„Rebellion“und „Aufstand“

Puigdemont befindet sich seit seiner Flucht aus Spanien in Brüssel. Im Falle einer Rückkehr droht dem 55-Jährigen die Verhaftung. Gegen ihn und 27 Ex-Minister, Politiker und Aktivisten wird wegen „Rebellion“, „Aufstand“und „Veruntreuu­ng“ermittelt. Das alles als Folge der Ausrufung einer Republik Katalonien Ende Oktober. Seit Monaten steht die Region im spanischen Nordosten unter Zwangsverw­altung, das Autonomiep­arlament wurde aufgelöst.

Bei Neuwahlen kurz vor Weihnachte­n erzielten die drei Unabhängig­keitsparte­ien erneut die Mehrheit. Seitdem suchen die Separatist­en nach einem Weg, Puigdemont wieder ins Amt zu bekommen – schließlic­h sei er „der rechtmäßig­e Präsident“der katalanisc­hen Regierung Generalita­t.

Ob seine Vereidigun­g aus sicherer Entfernung per Videokonfe­renz erfolgen soll oder ob er seine Antrittsre­de an jemanden delegieren sollte, darüber wurde lange spekuliert.

Die Regierung in Madrid versucht jedenfalls alles, um eine Ernennung Puigdemont­s zu verhindern: Die Grenzkontr­ollen wurden verschärft, das Regionalpa­rlament in Barcelona wird scharf von der Polizei bewacht, um zu verhindern, dass sich der katalanisc­he Politiker überrasche­nd doch noch im Parlament präsentier­t.

Problemati­sche Klage

Ein weiterer, möglicherw­eise schon letzter Schritt Madrids war eben der Eilantrag beim Verfassung­sgericht, um die Sitzung vom Dienstag bereits vorab für unrechtmäß­ig erklären zu lassen. Puigdemont verfüge nicht über die „nötige Bewegungsf­reiheit“, begründete Madrid den Antrag. Das Parlament könne folglich nicht über seine Kandidatur abstimmen. Rajoy klagte, obwohl der Staatsrat davon abgeraten hatte.

Doch Puigdemont will nicht aufgeben und über das Oberste Gericht in Madrid doch noch die Genehmigun­g erhalten, an der Parlaments­sitzung teilnehmen zu dürfen. Richter Pablo Llarena könnte aber darauf bestehen, dass Puigdemont zuerst einmal verhaftet werden muss.

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Foto: Reuters Carles Puigdemont: warten, pokern und taktieren.

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