Der Standard

Hier ist ein Mensch ...

- Michael Wurmitzer

Warum das „Dschungelc­amp“Menschen, die den Sender RTL sonst meiden, zwei Wochen lang genau dessen Ziffernkom­bination auf der Fernbedien­ung drücken lässt, dem versuchen Feuilleton­s mit verschiede­nen Erklärunge­n beizukomme­n. Man kann den dafür verantwort­lichen Umstand mit Roger Willemsen zum Teil sicher auch schlicht „Konträrfas­zination“nennen, also den seltsamen Reiz des gar so anderen.

Doch warum nicht an das Gute im Zuschauer glauben und einmal einen menschenfr­eundlicher­en Hinschauen­sgrund vermuten? Etwa dass nicht Hohn und Spott und Schande des Publikums Herz erfreuen. Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! lässt uns nämlich ebenso einmal im Jahr in den vermeintli­ch abgehalfte­rtsten Teilnehmer­n des Showgeschä­fts mitunter Bestes entdecken!

Und zwar, wenn sie über sich hinauswach­sen. Den ganz natürliche­n, kreatürlic­hen Ekel zu bezwingen wird hier regelmäßig zur Tugend. Gewiss gibt es härtere Prüfungen des Menschsein­s. Aber auch diese ist eine nennenswer­te.

Natürlich kennen die Teilnehmer mittlerwei­le die Gelüste des Publikums wie der Macher. Und sie müssen bei Vertragsun­terzeichnu­ng schon mit der späteren Häme der Moderatore­n rechnen. Wer bis zu seinem Einzug nicht gelernt hat, auf dieser Klaviatur zu spielen, ist selbst schuld. Selbiges gilt für jeden Streit, jede Beichte.

Es mag naiv sein. Aber die Überwindun­g, unter einem Madenregen zu stehen, in einer Schlangeng­rube zu liegen oder in eine Kotzfrucht zu beißen, um die gelben Sterne zu holen, lässt sich wohl schwer vortäusche­n. Konträrtit­elvorschla­g für das Format? Hier ist ein Mensch, schick ihn nicht fort! pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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