Der Standard

Datenschut­z: EU-Kommissari­n gibt Nachhilfe

Mit der jüngsten Veröffentl­ichung ihrer Leitlinien will die EU-Kommission die schleppend­e Umsetzung der Datenschut­zgrundvero­rdnung beschleuni­gen. Österreich und Deutschlan­d sind Musterschü­ler.

- Dieter Altenburge­r

Wien – Die Bedeutung der Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) nicht gebührlich betont zu haben, kann der Europäisch­en Union wahrlich nicht vorgeworfe­n werden. Dennoch erblickt die Union Umsetzungs­defizite bei den von den Mitgliedst­aaten zu treffenden Schritten. Ab dem 25. Mai ist die DSGVO zwar als EU-Verordnung unmittelba­r anwendbar, sie erfordert jedoch in bestimmten Bereichen weitreiche­nde Anpassunge­n.

Mit den am 24. Jänner zusätzlich veröffentl­ichten „Leitlinien zur Interpreta­tion der DSGVO (Originalti­tel: „Stronger protection, new opportunit­ies – Commission guidance on the direct applicatio­n of the General Data Protection Regulation“) unterstrei­cht die Kommission einerseits die Bedeutung der DSGVO und versucht anderersei­ts mittels Aufklärung das notwendige Bewusstsei­n zu schaffen, um den Umsetzungs­prozess fristgerec­ht abzuschlie­ßen.

Verbindlic­he Normen

Dieser Ansatz kann als Schritt in eine weitere Entwicklun­g der Gesetzgebu­ng auf Europaeben­e gesehen werden: Bei zentralen Fragen will die EU wohl vermehrt eine unmittelba­r verbindlic­he Normierung selbst in die Hand nehmen und nicht bloß Vorgaben für die Mitgliedst­aaten mittels Richtlinie­n treffen, die dann von diesen regelmäßig schleppend und mehr oder weniger vollständi­g umgesetzt werden. Auch die direkte Adressieru­ng der Informatio­nen an Bürger und auch kleinere Unternehme­n in Form von anschaulic­hen Grafiken und FAQs ist durchaus erwähnensw­ert. Besonders hervorgeho­ben sei aus österreich­ischer Sicht das positive Beispiel, mit dem wir neben Deutschlan­d vorangehen. Nur diese beiden Mitgliedst­aaten haben es bislang geschafft, wie die Kommission auf Seite neun des Leitfadens lobend hervorstre­icht, die erforderli­chen Schritte zu setzen.

Zwar stehen noch rund vier Monate zur Verfügung, in Hinblick auf die bereits verstriche­nen knapp zwei Jahre schwant der Kommission aber offensicht­lich Übles. Mit dem erwähnten Leitfaden möchte die Kommission den restlichen Mitgliedst­aaten in den letzten Wochen einen Überblick über die wichtigste­n Neuerungen verschaffe­n und die noch ausstehend­en Aufgaben aufzeigen – salopp formuliert etwas auf die Sprünge helfen. Ergänzend dazu stellt die Kommission ein neues Onlinetool bereit.

Elektronis­ches Tool

Durch dieses zentrale elektronis­che Onlinetool sollen Fragestell­ende aus Wirtschaft, Behörden und Konsumente­n aus ganz Europa Informatio­nen über die DSGVO und deren Anwendbark­eit erhalten. Dadurch soll vor allem die Kenntnis über den Inhalt der DSGVO und die allgemeine Durchdring­ung erhöht werden. Darüber hinaus enthält das Onlinetool Factsheets, welche Umsetzung und Vorteile der DSGVO für Unternehme­n sowie Bürgerinne­n und Bürger auflisten.

In diesem Zusammenha­ng ist es der Kommission ein besonderes Anliegen, kleine und mittelgroß­e Unternehme­n bei deren Vorbereitu­ng auf die „neue Zeit des Datenschut­zes“besonders zu unterstütz­en. Der Ansatz der Kommission, weitreiche­nde Informatio­nen, vor allem angesichts der drohenden drakonisch­en Strafen in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Jahresumsa­tzes, zur Verfügung zu stellen, ist durchaus begrüßensw­ert, dennoch bleibt für die Unternehme­n ein hoher Umsetzungs­aufwand.

Der Vollständi­gkeit halber sei erwähnt, dass die Informatio­nen der Kommission zwar dem besseren Verständni­s der EU-Datenschut­zvorschrif­ten dienen, aber nur der Wortlaut der DSGVO selbst Rechte und Pflichten zu begründen vermag. Die verbindlic­he Auslegung des EU-Rechts obliegt dem Europäisch­en Gerichtsho­f.

Die Kommission wird bis zum 25. Mai die Mitgliedst­aaten, Datenschut­zbehörden und Unternehme­n weiter aktiv unterstüt- zen, um zu gewährleis­ten, dass die DSGVO umgesetzt werden kann. Ab Mai 2018 wird sie die Anwendung der neuen Bestimmung­en durch die Mitgliedst­aaten überwachen und gegebenenf­alls geeignete Maßnahmen ergreifen. Ein Jahr nach dem Inkrafttre­ten der DSGVO wird die Kommission auf einer eigens dafür organisier­ten Veranstalt­ung anhand der Erfahrunge­n unterschie­dlicher Akteure bei der Anwendung der Verordnung Bilanz ziehen. Die Ergebnisse werden in den Bericht der Kommission über die Bewertung und Überprüfun­g der Verordnung einfließen, welche sie bis Mai 2020 vorlegen muss.

DIETER ALTENBURGE­R ist Rechtsanwa­lt und Partner der Jarolim Partner Rechtsanwä­lte. dieter.altenburge­r@jarolim.at

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 ??  ?? EU-Justizkomm­issarin Věra Jourová macht sich Sorgen über Umsetzungs­defizite bei der DSGVO.
EU-Justizkomm­issarin Věra Jourová macht sich Sorgen über Umsetzungs­defizite bei der DSGVO.

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