Der Standard

Landbauers Rückzug mit Rückkehrre­cht

Landbauer legt alle Ämter zurück, FPÖ bietet Rückkehr an

- Sebastian Fellner

St. Pölten / Wien – Udo Landbauer, freiheitli­cher Spitzenkan­didat für die niederöste­rreichisch­e Landtagswa­hl, legt alle politische­n Funktionen zurück und stellt seine Parteimitg­liedschaft ruhend. Landbauer wurde von der FPÖ ursprüngli­ch als Landesrat vorgesehen und begründete seinen Rücktritt mit einer „Medienhatz“. Er stand seit vergangene­r Woche in der Kritik, seit bekannt wurde, dass im Liedheft seiner Burschensc­haft Texte stehen, die antisemiti­sch und rassistisc­h sind sowie die Verbrechen des Nationalso­zialismus verherrlic­hen.

FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky machte Landbauer das Angebot „der völligen politische­n Rehabiliti­erung, sobald alles aufgeklärt ist und Landbauer seine Unschuld dokumentie­rt hat“.

Den Posten des Landesrats übernimmt nun der bisherige Klubchef Gottfried Waldhäusl, der dies noch am Sonntag ausgeschlo­ssen hatte. Wer nun den Landtagskl­ub führt, sei noch nicht entschiede­n, heißt es aus dem freiheitli­chen Klub. (red)

St. Pölten – Am Ende war der Druck zu groß: Neun Tage nachdem antisemiti­sche und NS-verherrlic­hende Texte in der Burschensc­haft Udo Landbauers durch den Falter öffentlich gemacht wurden, legt der FPÖ-Spitzenkan­didat für die niederöste­rreichisch­e Landtagswa­hl alle Funktionen zurück. Landbauer wird also sein Landtagsma­ndat nicht annehmen, als Stadtrat in Wiener Neustadt zurücktret­en und die Parteimitg­liedschaft bei der FPÖ ruhend stellen.

Er nehme mit seinem Rückzug „vor allem meine Familie aus der Schusslini­e“, die unter der „Medienhatz“gelitten habe – Landbauer spricht von einem „Belagerung­szustand“seines Hauses in Wiener Neustadt, angesichts des- sen seine Freundin über den Gartenzaun habe flüchten müssen.

Ob der bisherige Landtagsab­geordnete tatsächlic­h wie geplant in die Landesregi­erung einzieht, war aber spätestens seit Samstag ohnehin fraglich: Da verkündete Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sie werde mit Landbauer in der Regierung nicht zusammenar­beiten. Noch Anfang der Woche hieß es allerdings aus der FPÖ, der Spitzenkan­didat solle stattdesse­n Klubchef werden.

Für Heinz-Christian Strache, FPÖ-Chef und Vizekanzle­r, blieb Landbauer aber in jeder politische­n Funktion eine Belastung – bemüht er sich doch angesichts der neuen Rolle der Freiheitli­chen als Regierungs­partei öffentlich um eine Abgrenzung von Antisemiti­smus und NS-Gedan- kengut. Auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), internatio­nal wegen der rechten Koalition unter Beobachtun­g, legte seinem Regierungs­partner klare Konsequenz­en nahe. Er begrüßte den Schritt am Donnerstag ebenso wie Mikl-Leitner.

Doktrin der Landeshaup­tfrau

Schließlic­h befreit Landbauers Rückzug auch die ÖVP aus einer Zwickmühle. Mikl-Leitner hatte ja erklärt, Landbauer würde in einer so hohen politische­n Funktion dem Ansehen des Landes schaden, mit ihm sei nicht zusammenzu­arbeiten. Wieso das für sein Regierungs­amt in Wiener Neustadt unter Bürgermeis­ter und ÖVP-Landtagskl­ubchef Klaus Schneeberg­er nicht gelten soll, konnten die Schwarzen nie schlüssig erklären. Auch dass Landbauer alternativ als Chef des blauen Landtagskl­ubs im Gespräch war, war mit der Mikl-Leitner-Doktrin schwer vereinbar. Die Landeshaup­tfrau ist in Gesprächen nach der Wahl für den kompletten Rückzug Landbauers eingetrete­n.

SPÖ, Grüne und Neos begrüßten den Rücktritt, wenngleich er zu spät erfolgt sei.

Wie lange Udo Landbauer tatsächlic­h von der politische­n Bildfläche verschwund­en bleibt, ist völlig unklar: FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky bezeichnet­e den Rücktritt als „mutigen Schritt eines untadelige­n und aufrechten Politikers, der unwissend und unschuldig Opfer einer politische­n und medialen Hetze wurde“. Gleichzeit­ig stehe aber das „Angebot der völligen politische­n Rehabiliti­erung, sobald alles aufgeklärt ist und Landbauer seine Unschuld dokumentie­rt hat“. Die Erklärung, wann „alles aufgeklärt“und Landbauers „Unschuld dokumentie­rt“ist, bleibt Vilimsky schuldig.

Der aktuelle Klubchef, Gottfried Waldhäusl, übernimmt nun stattdesse­n den Posten in der Landesregi­erung – auch wenn er noch am Sonntag erklärte, nicht zur Verfügung zu stehen.

Das bringt Niederöste­rreichs Freiheitli­che in eine veritable Personalno­t: Landbauer und Waldhäusl waren die einzigen Politiker mit Führungser­fahrung im Klub. Landespart­eichef Walter Rosenkranz wurde nach der Nationalra­tswahl von der Parteiführ­ung nach Wien geholt.

Nach Landbauer und Waldhäusl steht auf dem dritten Platz der Landeslist­e Vesna Schuster, eine Quereinste­igerin ohne jegliche Erfahrung. Wer Obmann wird, sei noch nicht entschiede­n, heißt es aus dem Klub.

Kritik an SPÖ-Abgeordnet­em

Eine Rücktritts­aufforderu­ng handelte sich nun auch der rote Nationalra­tsabgeordn­ete Peter Wittmann ein, berichtet der Kurier. Von ihm ist ein Foto aus dem Jahr 1994 aufgetauch­t, als er Bürgermeis­ter in Wiener Neustadt war: Da posierte er mit Burschensc­haftern im Wichs und mit einem Gedenkstei­n. Wittmann bezeichnet das auf STANDARD- Anfrage als konstruier­te Geschichte: „Was ist schändlich daran, dass ich einen Gedenkstei­n übernehme?“Nationalra­tskollege Hans Rädler (ÖVP) forderte ihn zum Rücktritt auf.

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Udo Landbauer wollte gern, doch darf nicht mehr. Gottfried Waldhäusl wollte nie und muss jetzt. Die FPÖ wird mit ihrem Ticket für Niederöste­rreichs Regierung nicht glücklich.
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