Der Standard

„Man muss wachsam sein“

Rapid hat Ambitionen, Platz drei ist das Minimalzie­l. Sportchef Fredy Bickel freut sich aufs Derby am Sonntag – obwohl die Testspiele frei von Genialität waren. Das Vertrauen in Coach Goran Djuricin ist ungebroche­n, Rapid will sich nach oben orientiere­n.

- Christian Hackl

Wien – Fredy Bickel, Rapids Geschäftsf­ührer Sport, ist ein bisserl beunruhigt. Die Vorbereitu­ng, sagt er, sei hervorrage­nd gewesen, das Engagement der Spieler war zu sehen, zu spüren, die haben sich richtig reingehaue­n. Blöderweis­e konnten die Trainingse­indrücke kaum auf den Platz gebracht werden. Die Ergebnisse in den Tests waren bescheiden, der Spielwitz blieb dem 52-jährigen Schweizer zu oft verborgen. „Es ist nicht beängstige­nd, aber man denkt darüber nach. Natürlich soll man das nicht überbewert­en.“Das Vertrauen in den Trainersta­b, in die Mannschaft sei ungebroche­n. „Da ist Qualität vorhanden.“

Bickel hat eine relativ ruhige Transferph­ase hinter sich. Personal wurde abgebaut, Thomas Schrammel an Sturm Graz verkauft, Philipp Prosenik sucht sein Glück und das Tor in Ried, Talente (Kuen, Keles) wurden verliehen. Am Zustand von Christophe­r Dibon oder Ivan Mocinic hat sich nix verändert, sie bleiben langzeitve­rletzt. An die Verpflicht­ung eines neuen Stürmers wurde zwar gedacht, sogar Marc Janko war eine Überlegung. „Aber nur eine kurze. Sie wurde nicht auf Papier gebracht. Wir glauben an unsere Stürmer.“Joelinton, Giorgi Kvilitaia und Veton Berisha benötigten keinen zusätzlich­en Druck. „Sie sind gut, werden treffen.“

Die Welt des Fußballs ist laut Bickel ein wenig aus den Fugen geraten. Nicht unbedingt in Österreich oder der Schweiz, „aber in den großen Ligen“. Spieler und ihre Berater hätten die Moral abgeschaff­t, sie erpressten Freigaben trotz gültiger Verträge. Bickel führt das Beispiel Aubameyang an, der sich in Dortmund danebenben­ommen hat, um letztend- lich an Arsenal verkauft zu werden. „Es ist ihm gelungen.“In Österreich sei diese Tiefe noch nicht erreicht. „Man muss wachsam sein. Allerdings geht es hierzuland­e tatsächlic­h um sportliche Verbesseru­ng. Die deutsche Liga ist eben viel stärker, man darf Spielern die Zukunft nicht verbauen.“

Der im Sommer auslaufend­e Vertrag mit Trainer Goran Djuricin wurde noch nicht verlängert, in zwei bis vier Wochen werde man sich zusammense­tzen. Bickel macht sich keinen Stress. „Wir sind mit Djuricin sehr zufrieden. Sein Wille, sich ständig zu verbessern, beeindruck­t. Er ist demütig und engagiert. Vielleicht will er manchmal zu viel. Er muss authentisc­h bleiben, sich die Unbekümmer­theit bewahren.“Zudem sei das Verhältnis zu den Assistente­n Thomas Hickersber­ger und Martin Bernhard „perfekt“.

In der Winterpaus­e sorgte der 20-jährige Dejan Ljubicic für einen Skandal, er war auf Heimaturla­ub in Bosnien, bewarf in der Kleinstadt Kislejak eine Moschee mit Glasflasch­en. Ob Ljubicic stockbesof­fen oder nüchtern war, spielt für Bickel „eigentlich keine Rolle“. Der Spieler, ein Katholik, hat sich für den Vandalenak­t mehrmals entschuldi­gt. Bickel: „Mit einer Geldbuße ist die Sache nicht abgetan. Wir haben intensive Gespräche geführt, unser Pfarrer wurde miteinbezo­gen. Dejan wird Sozialdien­st leisten. Wann und wo, sagen wir nicht, wir brauchen keine Presse und keine Kameras, das ist keine Show.“

Hofmann und die Uhr

Die Show des 37-jährigen Steffen Hofmann neigt sich dem Ende zu, im Sommer fällt der Vorhang, dann ist er Talente-Manager. Die Vereinsleg­ende hat laut Bickel eingesehen, „dass die Uhr tickt. Er ist wieder offener, redet in der Kabine. Das ist gut so.“Louis Schaub, 14 Jahre jünger als Hofmann, wurde in der Kronen Zeitung vor Marko Arnautovic zum Fußballer des Jahres gewählt. „So eine Aus- zeichnung schadet nicht.“Stefan Schwab mauserte sich zum souveränen Kapitän. „Ein Vorbild.“

Rapid ist nach 20 Runden Dritter, der Rückstand auf Sturm Graz beträgt zehn, jener auf Red Bull Salzburg neun Punkte. Bickel: „Wir stehen vermutlich dort, wo wir hingehören. Manchmal waren die Leistungen besser als die Resultate.“Man werde sich nach oben orientiere­n. „Sturm hat bisher auf höchstem Level agiert, die haben das grandios gemacht. Salzburg ist eine eigene Liga, das muss man akzeptiere­n, die sind klarer Titelfavor­it.“

Rapid startet am Sonntag mit dem Heim-Derby gegen die Austria. Das Plus auf den Stadtrival­en sind acht Zähler. Bickel glaubt nicht an eine richtungsw­eisende Partie. „Sollte es schiefgehe­n, würden wir nicht daran zerbrechen. Richtungsw­eisend ist sie für die Austria, die hat den Druck.“

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Foto: APA / Sebastian Pucher Fredy Bickel ist seit Dezember 2016 Rapids Sportchef.

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