Der Standard

Wanzenfund wirft Fragen auf

Abwehramt beharrt: Gerät war funktionst­üchtig

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Wien – Der Fund einer angebliche­n „Wanze“im Büro von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) wirft weitere Fragen auf. Nachdem am Donnerstag Vermutunge­n laut wurden, bei dem Gerät könnte es sich um Überbleibs­el einer Anlage zur Übertragun­g von Parlaments­reden in die Regierungs­büros handeln, widersprac­h am Freitag das Verteidigu­ngsministe­rium. Es beharrt darauf, dass in dem Büro sehr wohl eine funktionie­rende Überwachun­gsanlage gefunden wurde. „Durch das Abwehramt wurde ausprobier­t, ob diese Anlage funktionie­rt, und sie hat funktionie­rt“, sagte Ministeriu­mssprecher Michael Bauer.

Nicht überprüft wurde allerdings, aus welcher Zeit die Anlage stammt. Die FPÖ hatte am vorigen Donnerstag – inmitten der NS-Liederbuch-Affäre des freiheitli­chen Politikers Udo Landbauer – publikgema­cht, dass bereits Anfang Jänner eine für Überwachun­gszwecke geeignete Verkabelun­g im Strache-Büro gefunden worden war. Die Kronen Zeitung veröffentl­ichte Fotos von dem Gerät, das eher wie eine Lautsprech­erbox aus den 1980er-Jahren und nicht wie ein modernes High-End-Gerät aussieht.

Suche nach Hintermänn­ern

Im Gespräch mit dem STANDARD betont ein Sicherheit­sexperte eines Ministeriu­ms, es sei „nicht gerade üblich“, derartige Funde „marktschre­ierisch an die Öffentlich­keit“zu tragen. Schließlic­h sollen ja die Hintermänn­er ausgeforsc­ht werden, dafür „braucht es ganz sicher keine Zeitungsar­tikel“. Der Experte betont auch, dass es heutzutage eine wesentlich einfachere Möglichkei­t gäbe, Personen abzuhören und rund um die Uhr zu überwachen: über ihr Smartphone. Entspreche­nde Apps sind im Netz öffentlich zugänglich. Auch verfügt wohl jeder Nachrichte­ndienst über die technische Ausrüstung, um Telefonges­präche und SMS abzufangen.

Nach STANDARD- Informatio­nen haben noch nicht alle Regierungs­mitglieder ihre Smartphone­s gegen Handys getauscht, mit denen sie abhörsiche­r kommunizie­ren können. Ein Sicherheit­sproblem, das auch frühere Regierunge­n betraf. So war dem ehemaligen Bundeskanz­ler Werner Faymann (SPÖ) die Benutzung seines Krypto-Handys zu komplizier­t, deswegen bevorzugte er für heikle Gespräche meist das Festnetz.

Die Staatsanwa­ltschaft Wien hat noch keine detaillier­ten Informatio­nen über die „Wanzen“Causa, sagte eine Sprecherin am Freitag. Anfang der Woche habe es einen kurzen Bericht des Verfassung­sschutzes gegeben. Ein weiterer Bericht mit einer inhaltlich­en Bewertung der Causa wird laut Innenminis­terium derzeit finalisier­t und soll dann an die Staatsanwa­ltschaft übermittel­t werden. Erst dann will das Innenminis­terium die ganze Angelegenh­eit auch offiziell kommentier­en. (sum)

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