Preissprünge bei Arzneien
Wettbewerbsbehörde untersucht Gesundheitssektor
Wien – Eine Preiserhöhung um das 58-Fache macht Kartellwächter schon stutzig, wie der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Theodor Thanner am Freitag vor Journalisten in Wien sagt.
Derzeit werfe die Behörde einen genaueren Blick auf die Gesundheitsindustrie. Auffällig überhöhte Preise bei einzelnen Medikamenten seien zuletzt auch hierzulande festgestellt worden. Ein Antidepressivum eines britischen Pharmakonzerns mit einem Fabriksabgabepreis von 5,14 Euro sei um 297 Euro auf den heimischen Markt gekommen. Ein ähnlicher Fall liegt bei einem Hormonpräparat vor, das den Calcium- und Phosphathaushalt von Patienten reguliert. Diese Preispolitik schade den Krankenkassen und sei „übelste Spekulation, sonst nichts“, kritisiert Thanner.
Einfluss auf die Preisbildung hat auch eine österreichische Besonderheit: In anderen Ländern verschreiben Ärzte den Wirkstoff, etwa Paracetamol. Hierzulande schreiben sie den Markennamen des Medikaments aufs Rezept, etwa Mexalen oder Paradolor. Bei Wirkstoffverschreibungen würde die Apotheke entscheiden, welches Medikament verabreicht wird, etwa unterschiedliche Markenprodukte oder Generica.
Auch die „Nachfragemacht“von Pflegeheimen werde von der BWB heuer genau beleuchtet, kündigt Thanner an. Untersucht werden sowohl öffentliche und private Anbieter.
Baukartell im Fokus
Um Steuergeld gehe es auch bei laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit Unterstützung der BWB zu einem möglichen Baukartell bei öffentlichen Aufträgen, etwa im Straßenbau. Dabei seien bereits rund 100 Hausdurchsuchungen erfolgt. Laut einer Studie würden Absprachen bei öffentlichen Ausschreibungen die Preise über vier Jahre um 20 Prozent erhöhen, wie aus Unterlagen der BWB hervorgeht.
Das Verfahren wegen Preisabsprachen im Bereich Trockenbau wurde jüngst abgeschlossen. Dabei wurden 686.000 Euro an Geldbußen gegen sechs Unternehmen verhängt. (slp)