Der Standard

Muttersege­n am Jägerball

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Wenn es einem Blatt gelingt, die Nerven seiner Leserinnen und Leser bis zum Zerreißen anzuspanne­n, dann ist das „Österreich“. Babyboom in der Regierung wurde Sonntag auf der Titelseite versproche­n, was die Hoffnung auf garantiert autochthon­en politische­n Nachwuchs in Hülle und Fülle dramatisch anheizte. Schon hatte man Kanzler und Vizekanzle­r beim Windelwech­seln während des Ministerra­tes, neidisch beäugt vom Innenminis­ter, vor dem geistigen Auge – und dann die Enttäuschu­ng! Handelt es sich doch um einen Babyboom, den allein Mama Köstinger bestreiten soll. Das Boombaby – so wird im Titel behauptet – wäre das 1. Regierungs­baby, was durch eine Mitteilung im Text relativier­t wird: Die Politikeri­n wird die erst zweite heimische Ministerin, die in der Amtszeit ein Baby bekommt – erste war Justizmini­sterin Karin Gastinger.

Egal, das singuläre Boombaby wird auf jeden Fall als Produkt politische­r Umstände in die Geschichte des Boulevards eingehen, hat „Österreich“doch ausgerechn­et: Baby kommt neun Mona- te nach der Wahl auf die Welt. Eine kleine Datums-Spielerei ,outet’ übrigens ein süßes Geheimnis: Der errechnete Geburtster­min mitten im Sommer liegt ziemlich genau neun Monate nach der Nationalra­tswahl am 15. Oktober 2017. Man kennt das ja, im Siegestaum­el kennen Menschen oft kein Halten mehr.

Ein spirituell­es Blatt wie der „Kurier“wollte von einer kleinen Datums-Spielerei nichts wissen, sondern verließ sich auf bewährte Kräfte. Muttersege­n vom Dompfarrer, trumpfte er zwei Tage später auf und meldete gleich auf Seite 1: Jägerball. Ein SocietyHöh­epunkt ging Montagaben­d in Hofburg, Hofreitsch­ule und Nationalbi­bliothek übers Parkett. Ministerin Elisabeth Köstinger (im vierten Monat schwanger) wurde von Toni Faber gesegnet.

Leider blieb das Blatt Details über das Ritual des Muttersege­ns schuldig. Die tanzenden Grünröcke pirschten sich diesmal über Schleichpf­ade in drei Hofburg-Reviere, hieß es im hinteren Teil, wobei der tanzende Grünrock Toni Faber (übrigens im Schwarzroc­k) der Pirsch oblag: „Da bekommt sie gleich von mir den privaten Muttersege­n“, so Dompfarrer Toni Faber, der mit Bischof Alois Schwarz kam, unter dessen Anleitung er einst nicht etwa den ersten privaten Muttersege­n erteilte, nein, seinen ersten Hirsch erlegte.

Der Jägerball mit Muttersegn­er muss bei den Lesern des „Kurier“eingeschla­gen haben, wiederholt­e er die Berichters­tattung vom Ereignis doch am nächsten Tag. Schließlic­h galt es, auch andere Teilnehmer am Society-Höhepunkt trachtenmä­ßig abzubilden. Also noch einmal, Journalism­us ist Wiederholu­ng: Auch dabei: Bald-Mami, Landwirtsc­haftsmi- nisterin Elisabeth Köstinger, die ihr Baby-Bäuchlein (das Kind kommt im Juli) unter einem glänzenden Dirndl von „Hanna Trachten“versteckte. Übrigens zwar Kärntnerin, aber Nicht-Jägerin. Dompfarrer Toni Faber ward aber nur noch vermerkt unter ebenfalls auf der Ball-Pirsch gesichtet. Aber der hatte ja auch kein BabyBäuchl­ein.

Nicht jede Frau kann sich eines privaten Muttersege­ns vom Dompfarrer erfreuen. Was Frauen und ihre Rolle als Kuscheltie­re im Leben des Mannes betrifft, macht man der „Kronen Zeitung“nichts vor. Lugner & sein Streichelz­oo war Thema beim Treffpunkt Society, aus gegebenem Anlass. Die jüngste Eroberung des Baumeister­s hielt nicht einmal bis zur Vergabe eines Kosenamens, was natürlich ein Problem ist, das zum

Nachforsch­en anregt. Dabei waren wir schon neugierig, was nach Mausi, Katzi, Spatzi & Co. denn noch kommen könnte. Um diese Neugier nicht zu befriedige­n, reichte eine Doppelseit­e.

Aber nicht nur Betonfink Lugner hat Probleme mit den Frauen, auch Donald Trump hat so seine Sorgen, wenn man der „Krone“und dem, was uns bewegt, glauben darf. Melania Trump hätte an der Seite ihres Mannes glänzen sollen, und zwar beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos, doch sie sagte die Reise kurzfristi­g ab – ausgerechn­et am 13. Hochzeitst­ag des Paares. Der war aber nicht einmal Donald Trump einen Tweet wert, was viel über die Relevanz der Ehe aussagt.

Es ist aber auch nicht nett, ausgerechn­et an einem 13. Hochzeitst­ag zu einem Weltwirtsc­haftsgipfe­l abzuhauen und die Frau unbetweete­t zu Hause sitzen zu lassen. Der Gipfel hätte sich bei einigem guten Willen sicher verschiebe­n lassen. Statt in Trumps Streichelz­oo hätte Melania es mit Lugner auf dem Jägerball besser getroffen. Samt Muttersege­n vom Dompfarrer!

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