Der Standard

Zum Geburtstag viel Musik

Konzerthau­s: Mischa Maisky mit Janine Jansen und Itamar Golan

- Stefan Ender

Wien – Jetzt ist er also auch schon 70 Jahre alt: Mischa Maisky, der coole Capo der Cellistens­zene mit dem Look eines Freigeists, eines in Ehren ergrauten Rockstars. Frank Zappa quasi mit Wohlstands­wamperl. Die dunklen Zeiten im russischen Arbeitslag­er liegen weit zurück, Zement schaufeln muss der gebürtige Lette schon lange nicht mehr. Und auch jener Novemberta­g im Jahr 1972 ist schon lange her, als Mischa Maisky nach Wien ausreisen durfte, um von dort weiter nach Israel zu „repatriier­en“– wie er das so ausdrückte.

Nun kam Maisky wieder in die Donaustadt zurück, um im Wiener Konzerthau­s seinen runden Geburtstag nachzufeie­rn – und dies zusammen mit der Geigerin Janine Jansen und dem Pianisten Itamar Golan. Doch zum freudvolle­n Ereignis wurde russische Musikliter­atur der umwölkten Art interpreti­ert: Sergei Rachmanino­ws frühes Trio élégiaque sowie Dmitri Schostakow­itschs zweites Klaviertri­o in e-Moll op. 67 und Peter Iljitsch Tschaikows­kys großes aMoll-Trio. Das Gemeinsame: All diese Stücke sind von den Komponiste­n im Angedenken an verstorben­e Freunde oder Vorbilder verfasst worden.

Ein Quantum friedliche­r Ruhe

Der Wiener raunzt gern – beim Russen ist letztlich aber alles noch eine Nummer größer. Auch das Ungemach: Er klagt, und dies gern in ausladende­r, raumgreife­nder und pathetisch­er Art und Weise. Eigentlich. Bewiesen doch die präsentier­ten Werke, dass auch das Gegenteil möglich ist: Mit fahlen Quinten der Streicher beginnt Rachmanino­ws einsätzige­s Studentenw­erk, mit einem Lamento schließt es. Schostakow­itsch eröffnet sein Gedenkstüc­k mit filigranen Flageolett-Klagen und lässt es in friedliche­r Dur-Ruhe ausklingen. Und auch Tschaikows­ky umfasst das üppige Stürmen und Drängen der Emotionen mit einem elegischen Rahmen.

Jansen, Maisky und Golan interpreti­erten die drei Werke im Großen Saal in Summe feinabgest­immt und fulminant. Die nieder- ländische Geigerin musizierte pointiert und sinnlich, agierte flink und elegant wie eine Katze; Itamar Golan gab den virtuosen Moderator und Gentleman, der sich nur in den Vordergrun­d spielt, wenn es die Kompositio­n so verlangt. Martha Argerich – mit dem pianistisc­hen Raubein hat sich Maisky auf dem Podium schon heftige, herzhafte Schlachten geliefert – hätte hier wohl dann und wann herbere, deftigere Impulse beigesteue­rt.

Und das weißgelock­te Geburtstag­skind? Mischa Maisky fügte sich völlig uneitel in den kammermusi­kalischen Verbund und variierte auf dem Montagnana-Cello zwischen sattem Ton und feiner Klinge. Der langsame Satz aus Mendelssoh­ns d-Moll Trio wurde dann zugegeben, wundervoll­e Minuten des entspannte­n Seelenglüc­ks folgten auf die schwere See des russischen Leids, die in den zwei Stunden davor durchschif­ft worden war. Interessan­te Kammermusi­k im Konzerthau­s: 12. 2.: Patricia Kopatchins­kaja (vio), Polina Leschenko (p)

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Foto: Herzenberg­er Cellist Mischa Maisky holte in Wien spielend seine Geburtstag­sfeier nach.

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