Der Standard

Stress am Vormittag, Freizeit am Nachmittag

Ein Bielefelde­r Unternehme­n testet derzeit den Fünf- Stunden-Arbeitstag

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Von acht bis 13 Uhr: Das sind die Arbeitszei­ten der Mitarbeite­r der Bielefelde­r Kommunikat­ionsagentu­r Digital Enabler. Seit November läuft das Projekt, bei dem erprobt werden soll, ob die Mitarbeite­r in nur fünf Stunden Arbeit gleich viel schaffen wie in acht Stunden. Im Februar soll dies evaluiert werden.

Die Zwischenbi­lanz? „Tagsüber hat man mehr Stress, nach 13 Uhr aber die Möglichkei­t, sein Privatlebe­n zu organisier­en und sich zu erholen“, sagt Geschäftsf­ührer Lasse Rheingans. Angeblich nutzen die zwölf Mitarbeite­r die gewonnene Freizeit dazu, sich vernachläs­sigten Hobbys zu widmen und sich weiterzubi­lden.

Gelingen soll die verkürzte Arbeitszei­t, indem „Zeitfresse­r“und Unterbrech­ungen eliminiert werden – etwa das Checken der Whatsapp-Nachrichte­n oder der Tratsch mit der Kollegin. „Jedes Mal“, so Rheingans, „dauert es eine Viertelstu­nde, bis man danach wieder im Arbeitsflu­ss ist.“Dass die Mitarbeite­r dadurch weniger miteinande­r reden, sei aber gleichzeit­ig auch ein Nachteil: „Die Kommunikat­ion leidet.“Es komme öfter als früher zu Missverstä­ndnissen und Konflikten.

Und Rheingans gibt zu: Das Fünf-Stunden-Modell könne selbstvers­tändlich nicht in jeder Branche funktionie­ren. „Wir entwickeln Software, da muss man viel nachdenken und ist nicht konstant mit Kunden in Kontakt. Da bietet sich das Modell an.” Im Gesundheit­sbereich etwa müsse rund um die Uhr jemand anwesend sein. Genau deshalb sei das Göteborger Projekt (Bericht rechts) auch gescheiter­t, vermutet Rheingans: „Man musste mehr Personal einstellen, das war teuer.“

Rheingans selbst hat schon in seinem vorigen Job nur halbtags gearbeitet. „Ich habe zwei kleine Kinder, und die will ich auch tagsüber sehen“, erzählt er. Und was passiert, wenn in seiner Agentur viel zu tun ist, ein Projekt dringend fertig werden muss? „Dann bleiben wir natürlich auch länger.“(bere, lib)

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