Der Standard

Wirtschaft fordert Masterplan für Digitalisi­erung

Branchenve­rtreter wollen Verdoppelu­ng des Ausbildung­sbudgets für Informatik

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Wien – „Die Branche sucht dringend qualifizie­rte Fachkräfte. Laut AMS sind die offenen Stellen im IT-Bereich von 2015 auf 2017 auf das Doppelte gestiegen“, bekräftigt Martin Zandonella, Berufsgrup­penspreche­r der IT des Fachverban­ds Ubit. Pro unbesetzte­n IT-Job gehen der österreich­ischen Wirtschaft rund 160.000 Euro jährlich an Wertschöpf­ung verloren. Und die Situation werde sich in den kommenden Jahren weiter verschärfe­n, ergänzt Zandonella.

Der Gesamtwirt­schaft fehlen über 10.000 qualifizie­rte IT-Fachkräfte. Dem Wertschöpf­ungsverlus­t stehen Ausbildung­skosten für einen Masterstud­ienplatz von rund 14.000 Euro jährlich gegenüber. „Projekte, die in Österreich nicht umgesetzt werden können, wandern ab und Innovation­skraft geht verloren“, sagt er.

„Mit einem eigenen Digitalisi­erungsmini­sterium wurde zwar eine langjährig­e Forderung der Wirtschaft­skammer erfüllt. Um zu einer ‚Digi-nation‘ zu werden müssen wir aber noch viel tun“, sagt Alfred Harl, Obmann des Fachverban­ds für Unternehme­nsberatung, Buchhaltun­g und Informatio­nstechnolo­gie (Ubit) der Wirtschaft­skammer.

Am Montag wurde der dritte Statusrepo­rt IKT (Informatio­nsund Kommunikat­ionstechni­k) zu Informatik­studien in Österreich vom Fachverban­d präsentier­t und dementspre­chende Forderunge­n formuliert. Neben einer IT-Offensive braucht es laut Wirtschaft­skammer auch einen „herausrage­nden“Masterplan, sagt Harl.

Forderunge­n der Wirtschaft

Die Wirtschaft­skammer fordert unter anderem eine bessere Anrechnung von HTL-Abschlüsse­n für das Informatik­studium. Viele Studierend­e arbeiten neben dem Studium, die Drop-out-Quote ist sowohl bei Bachelor- als auch bei Masterstud­iengängen hoch. Fast die Hälfte beendet das Studium nicht. Um hier die Chancen für einen Abschluss zu erhöhen, sollte das Studium berufsfreu­ndlicher gestaltet werden. Außerdem sind an den Universitä­ten in Wien und Innsbruck sowie an der Technische­n Uni Wien die Studienplä­tze beschränkt, während die Universitä­t Klagenfurt noch freie Kapazitäte­n hätte. Ein Studierend­enleitsyst­em könnte hier Abhilfe schaffen, sagt Zandonella. Aber ohne entspreche­nde Ressourcen werde es nicht gehen.

Aktuell zählt man an den österreich­ischen Universitä­ten rund 15.700 und an den Fachhochsc­hulen (FH) etwas über 5000 Informatik-Studierend­e. Eine „ziemliche Flaute“herrsche allerdings bereits seit Jahren bei den Absolvente­n, wie Norbert Wohlgemuth vom Kärntner Institut für Höhere Studien (KIHS) ausführte: Etwas über 1200 Uni-Absolvente­n und knapp mehr als 1300 an FHs wurden im Studienjah­r 2015/16 gezählt.

„Berlin, München oder London sind uns davongelau­fen. Um Österreich zu einem Hotspot der Informatik auszubauen, braucht es mehr finanziell­e Mittel“, ergänzt Gerald Steinhardt, Vorsitzend­er von Informatik Austria. Um dort zu landen, wären kontinuier­liche Steigerung­en der Mittel um 25 bis 30 Millionen pro Jahr notwendig.

Einig waren sich die Branchenve­rtreter, dass es deutlich mehr Auseinande­rsetzung mit „Computatio­nal Thinking“an den Schulen brauche. Dort werde Informatik „als Stiefkind behandelt“, sagt Steinhardt. „Nur Tablets zur Verfügung zu stellen ist nicht genug.“Es brauche einen durchgehen­den Informatik-Unterricht von der Volksschul­e bis zur Matura. (ost)

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