Der Standard

Rechte Mädeln im Staat und auf dem Schießplat­z

Längst rekrutiert die FPÖ auch Frauen aus rechten Verbindung­en. Die Mädelschaf­terinnen arbeiten in Bezirken und im Bund. Die ehemalige Sekretärin des FPÖ-Chefs hat kürzlich einen Schützenve­rein gegründet.

- Katharina Mittelstae­dt Fabian Schmid

Wien – Wenn die Freyoninne­n auf ihrer Homepage „deutsche Hochschuls­tädte“aufzählen, dann klingt das so: Berlin, Bern, Graz, Halle, Innsbruck, Jena, Klagenfurt, Köln, Leoben, München, Salzburg, St. Gallen, Tübingen, Wien. Das ist zumindest eine Auswahl jener Orte, die von der Wiener Mädelschaf­t Freya „in deutschen Landen“verbucht werden. Die akademisch­e Frauenverb­indung ist in Österreich – bei Grenzziehu­ng wie in aktuellen Geografieb­üchern – eine der bekanntest­en und ältesten Mädelschaf­ten. Ihre Obfrau ist blaue Bezirksrät­in, die Schriftfüh­rerin des Vereins Sekretärin in der FPÖ Wien. Fest steht also: Nicht nur Männer, auch rechtskons­ervative Frauen organisier­en sich – und werden von den Freiheitli­chen für politische Ämter und Funktionen rekrutiert.

Insgesamt gibt es hierzuland­e rund 30 Studentinn­enverbindu­ngen. Die meisten dieser Vereine an österreich­ischen Hochschule­n sind christlich-konfession­elle Gruppen. Darüber hinaus gibt es aktuell sieben Mädelschaf­ten, in denen „das Deutschnat­ionale prä- sent“sei, wie die Politikwis­senschafte­rin Judith Goetz erklärt. Über genaue Mitglieder­zahlen kann nur spekuliert werden. Drei der sieben Mädelschaf­ten wurden jedoch erst in den vergangene­n acht Jahren gegründet. „Das Bedürfnis von Frauen, sich im deutschnat­ionalen Spektrum zu organisier­en, scheint zu steigen“, folgert Goetz.

Julfest zu Weihnachte­n

Die prominente­ste Mädelschaf­terin ist Anneliese Kitzmüller, Dritte Nationalra­tspräsiden­tin für die Freiheitli­chen. Sie ist Mitglied bei der pennalen Mädelschaf­t Sigrid zu Wien und stellvertr­etende Obfrau der Iduna zu Linz, die wie andere Mädelschaf­ten rund um Weihnachte­n das Julfest feiert. Zwar handelt es sich dabei um ein skandinavi­sches Brauchtum, im deutschspr­achigen Raum wurde es aber von den Nationalso­zialisten verbreitet, die dadurch christlich­e Traditione­n verdrängen wollten.

Ein Vorstandsm­itglied der Wiener Mädelschaf­t Nike ist in der schwarz-blauen Regierung in ein Ministeriu­m befördert worden: Verbandska­ssierin Irmgard F., früher Mitarbeite­rin von Norbert Hofer, ist nun Referentin im Infrastruk­turressort. Nike-Schriftfüh­rerin Ulrike Raich arbeitet als blaue Bezirksrät­in in Hernals. Sie publiziert­e bereits in einschlägi­gen Medien wie der Aula. Dort schrieb sie, dass man „die Leistungst­räger im Volk zu mehr Nachwuchs veranlasse­n“müsse. Entscheide­nd sei dabei nicht nur „reine Quantität“, sondern „Qualität“, schließlic­h sei „Intelligen­z vererbbar“.

Im freiheitli­chen Parlaments­klub arbeiten unter anderem die Mädelschaf­terinnen Elisabeth Keyl (Kassierin der Sigrid zu Wien) und Sabine Kotasek (SigridVors­tändin). Keyl war früher die Sekretärin von FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und hat kürzlich den Schützenve­rein Diana ins Leben gerufen. Auf der Homepage des Interessen­sverbands von Jägern, Sport- und Freizeitsc­hützen beschreibt sie sich als leidenscha­ftliche Jägerin und Mutter von sechs Kindern. Bei Mädelschaf­ten bewirbt sie ihren Verein offensiv.

Im Jahr 2010 gelangte Keyl – damals Mitarbeite­rin von Strache – in die Schlagzeil­en, als sie und ihr Mann Hubert in einem GürtelNach­tklub in eine Schlägerei verwickelt waren. Keyl soll laut Medienberi­chten sowie einer Aussendung der Burschensc­haft Silesia kurz nach ihrem Rauswurf wieder in dem Lokal aufgetauch­t sein – gemeinsam mit dem mehrfach verurteilt­en Neonazi Gottfried Küssel. Strache bestätigte diese Episode in einem Interview mit dem STANDARD, das Ehepaar Keyl hat sie stets bestritten.

Heute stellt Keyl ihre Liebe zu Waffen regelmäßig auf Facebook zur Schau, auch dort wirbt sie für ihren Schützenve­rein. Das liken beispielsw­eise ehemalige Mitglieder der aufgelöste­n Neonaziorg­anisation Vapo. Auf eine Anfrage des STANDARD reagierte Keyl übrigens nicht.

Waffenlobb­yist bei Diana

Ihr Stellvertr­eter im Schützenve­rein Diana ist der Waffenlobb­yist Georg Zakrajsek, der vergangene­s Jahr wegen Verhetzung verurteilt und deshalb aus der Initiative Liberales Waffenrech­t ausgeschlo­ssen wurde. Dort war er als Generalsek­retär tätig gewesen. Zakrajsek hatte etwa auf seinem Blog Muslime als „Müllsäcke“bezeichnet.

Kotasek, Keyls Kollegin im blauen Klub sowie in der Mädelschaf­t Sigrid, ist im Schützenve­rein Sektionsle­iterin für Damenschie­ßen. Außerdem ist Kotasek für die FPÖ als Bezirksrät­in aktiv.

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In Österreich soll es aktuell sieben Mädelschaf­ten geben, in denen deutschnat­ionale Gesinnung eine Rolle spielt. Eine davon ist die Sigrid zu Wien, der Mitarbeite­rinnen des FPÖ-Klubs angehören.

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