Endspurt der Sphärenmusik
Die Wiener Philharmoniker und Valery Gergiev finalisierten die Salzburger Mozartwoche glanzvoll
Salzburg – Die Lebensfreude einer „gesunden, unversehrten, nicht von Reflexion zersetzten Natur“glaubte Tschaikowski in Mozarts Musik zu finden. Ein zweifelhaftes Kompliment, und wohl auch nicht ganz ernst gemeint.
Für seine vierteilige Orchestersuite Nr. 4 G-Dur op. 61, Mozartiana, hat Tschaikowski Werke des Salzburgers ausgesucht, die keineswegs von unreflektierter Lebensfreude sprühen. Die kontrapunktisch-sperrige Gigue KV 547 und das eher schwerblütige Menuett KV 355 kamen in der Lesart der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Valery Gergiev im Rahmen der Mozartwoche im Großen Festspielhaus jedenfalls auch transparent und durchhörbar daher, bestens ausbalanciert, ohne den getragenen Duktus zu verleugnen. Die Motette Ave Verum KV 618 für den dritten Satz, Preghiera, hat Tschaikowski aus zweiter Hand, nämlich aus einer Klaviertranskription von Franz Liszt, übernommen.
Der schlichte Vokalsatz Mozarts wurde über diese Bearbeitungsstationen zu einer himmlischen Sphärenmusik voll Harfenklang über reichem Holzbläsersatz – wie geschaffen für die Delikatesse der philharmonischen Bläser. Musikantisch tänzerisch, aber weiterhin eher delikat als deftig ließ Gergiev den letzten Satz musizieren. Übrigens: Unser dummer Pöbel meint ist eine Arie aus Glucks Oper Die Pilger von Mekka, Mozart schrieb darüber die Variationen KV 455, und Tschaikowski machte daraus eine Folge von Konzertminiaturen für die Bläser. Delikatesse in der kleinen Form zeigte auch Tschaikowskis Serenade CDur op. 48. Gergiev spannte mit den „Wienern“quasi einen einzigen großen Klangbogen – von der barockartigen Einleitung und den romantisch-mozartischen Motiven von Allegro und Valse über die Elegie bis zum tänzerisch-russischen Finale.
Mit der Ouvertüre aus La clemenza di Tito und dem Konzert ADur für Klarinette KV 622 standen Werke aus Mozarts Todesjahr 1791 auf dem Programm. Jörg Widmann entfaltete die virtuosen Passagen der Ecksätze und die großen Linien des Adagio mit der ihm eigenen technischen Souveränität, aber quasi aus dem Orchester heraus, beinahe ohne als Solist „hervorzutreten“. Die Philharmoniker sind am 17. und 18. 2. im Wiener Musikverein erneut mit Tschaikowski zu hören, diesmal unter der Leitung von Gustavo Dudamel.