Der Standard

226 Schuldsprü­che im Vorjahr wegen Wiederbetä­tigung, Verhetzung & Co

Ex-FPÖ-M an nL andbauerwu­r devon Staatsanwa­ltschaft ein vernommen– G er maniawe gen Vereins auflösungs verfahren noch nicht kontaktier­t

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Wien – In der Causa rund um das NS-Liederbuch bei der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt ist neben anderen Zeugen auch Udo Landbauer, bis vor kurzem Vizevorsit­zender der Verbindung sowie FPÖ-Frontmann bei der Niederöste­rreich-Wahl, nun Politausst­eiger, einvernomm­en worden, wie die Staatsanwa­ltschaft der APA bestätigte.

Die Einvernahm­en der vier Verdächtig­en, die für das Liederbuch verantwort­lich sein sollen, sind weitgehend abgeschlos­sen, doch das Verfahren dürfte noch länger andauern – nicht zuletzt, weil die die Staatsanwa­ltschaft chemisch untersuche­n lässt, wann die inkriminie­renden Passagen geschwärzt wurden, in denen etwa „die siebte Million“in Anspielung auf den Judenmord während der NS-Zeit besungen wird.

Was die von der türkis-blauen Koalition angekündig­te Vereinsauf­lösung betrifft, hat die Burschensc­haft von den Behörden bisher jedoch noch nichts gehört.

Wie hart greift die Justiz also bei Verdacht auf Wiederbetä­tigung, Verhetzung & Co in der Regel durch? Laut der aktuellen Statistik des Justizmini­steriums wurden im Jahr 2017 im Zuge von 214 Anklagen 119 Verurteilu­ngen we- gen Verstößen gegen das Verbotsges­etz ausgesproc­hen, in 21 Fällen einigte man sich auf eine Diversion. Zum Vergleich: 2016 gab es nach 213 Anklageerh­ebungen 85 Schuldsprü­che, 2015 nur 79 nach 167 Anklagen (siehe Grafik).

Die Zahl der Anzeigen und damit die angefallen­en Verfahren bei der Staatsanwa­ltschaft blieben im Vergleichs­zeitraum mit 1093 im Vorjahr, 1170 (2016) und 1097 (2015) relativ konstant. Christian Pilnacek, Strafrecht­ssektionsc­hef im Justizress­ort, sieht in den steigenden Verurteilu­ngen einen Beleg dafür, dass solche Delikte „konsequent verfolgt werden“.

Noch drastische­r ist der Anstieg bei Verhetzung, also bei Vergehen, bei denen Minderheit­en beschimpft oder verächtlic­h gemacht werden. Da vervielfac­hten sich die Verurteilu­ngen um mehr als „hundert Prozent“, wie Pilnacek vorrechnet – und „zu 90 Prozent“fänden Delikte gemäß Paragraf 283 des Strafgeset­zbuches in den virtuellen Netzwerken statt. 49 Schuldsprü­che 2015 und 52 im Jahr 2016 stehen hier 107 Verurteilu­ngen 2017 gegenüber. Die Anzeigen in dem Zeitraum stiegen von 516 auf 677 und schließlic­h auf 827 im Vorjahr. Dass es mehr Schuldsprü­che hagelt, führt der Experte auch auf eine Verschärfu­ng des Straftatbe­standes zurück: Seit 2016 stehen bis zu zwei Jahre Haft darauf, wenn circa dreißig Menschen (davor 150) zu Gewalt aufgeforde­rt oder zu Hass angestache­lt werden. Verbreitet man Tiraden gegen eine Gruppe, sodass es ihre Menschenwü­rde verletzt, vor 150 Personen, wie auf Facebook, Twitter & Co leicht möglich, kann man sogar drei Jahre Haft ausfassen.

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Erst am Montag ist eine 32-jährige Kärntnerin von einem Geschworen­ensenat wegen Vorstoßes gegen das Verbotsges­etz einstimmig zu zehn Monaten bedingter Haft und 3000 Euro Geldstrafe verurteilt worden, weil sie auf Facebook Videos und Bilder gestellt hat, die u.a. den NS-Völkermord leugneten – das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Beim STANDARD sind dreizehn Mitarbeite­r beschäftig­t, um die Postings in den Foren zu sichten, täglich werden bis zu 40.000 Stück gescannt, aktuell rund fünf Prozent davon wegen bedenklich­er Inhalte gelöscht. Bei schwerwieg­enden Verstößen gegen die Forenregel­n oder gesetzlich­e Normen werden Poster gesperrt. (nw)

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