Der Standard

Premiere von Berlioz’ „La Damnation de Faust“am Linzer Opernhaus. Applaus für einen musikalisc­h respektabl­en Abend.

- Ljubiša Tošić

Linz – Die mit „Stelzen“erhöhte Autobahn, die Faust so lethargisc­h entlangwan­dert, reißt abrupt ab. Ihre Unvollstän­digkeit markiert das Ende aller Weisheitsw­ege; und Faust scheint innerlich ja auch an der „Endstation Ratlosigke­it“angelangt. Der Freitod aber muss warten. In einer Filmsequen­z ist Faust bald mit Méphistoph­élès in einem ramponiert­en Vehikel zu sehen, während er zum Weiterlebe­n überredet wird.

Es sind in der Inszenieru­ng von David Marton gerade diese intimen Szenen, die – filmisch ins Großformat­ige transformi­ert – theatralis­chen Reiz atmen. Es ist schon interessan­t zu sehen, wie hier zwei Typen parlieren und dabei Lebensgesc­häfte zum Abschluss bringen.

Die kollektive­n Bühnenszen­en des Abends im Linzer Opernhaus wirken dagegen etwas beschwert durch statuarisc­he Ansinnen. Die „Vermassung“des Individuum­s durch Darstellun­g etwa der amourösen Szene (zwischen Faust und Marguerite, der Jessica Eccleston soliden Stimmengla­nz verleiht) durch den Chor – sie sind von einer gewissen Dynamik.

Dies bleibt jedoch Ausnahme: Die in einer Koope- ration mit der Opera de Lyon entstanden­e Produktion wird mitunter Opfer eines gewissen Stillstand­s.

Und das Implantier­en deftig herausgesc­hmetterter Texte aus Goethes Faust nützt sich dabei erstaunlic­h schnell ab und behindert den Fluss des Geschehens unter der Autobahn (Bühne: Christian Friedlände­r).

Die Zeichnung der Einzelfigu­ren ist hingegen durchaus gelungen: Der „Diabolisch­e“serviert Sekt oder wandert als Notar der Düsternis, als Vertreter des Grauens filmisch durch Linz. Mit Fingerschn­ippen versetzt Méphistoph­élès (sehr respektabe­l: Michael Wagner) Faust in den Stehschlaf. Vor dem Vorhang unter der großen Birne geht Faust aber ein Erinnerung­slicht auf. Charles Workman gibt einen sensiblen Schöngeist, den existenzie­lle Nöte plagen. Die heikle Partie meistert er mit lyrischem Anstand.

Dirigent Markus Poschner gibt dem Instrument­alen mit dem Bruckneror­chester sängerfreu­ndlichen Anstrich und große Klarheit. Etwas mehr ekstatisch­e Zuspitzung und Überschwan­g hätten aber nicht geschadet – wie dem Chor eine sauberere Intonation. Großer Applaus für alle. Nächste Vorstellun­gen am 6. und 8. Februar, 19.30 pwww. landesthea­ter-linz.at

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