Der Standard

Zyperns Weg aus der Krise

Erstmals nach Glafkos Klerides vor 20 Jahren gelang auch dem konservati­ven Präsidente­n Nikos Anastasiad­es die Wiederwahl auf Zypern. Er führte die Insel aus der Finanzkris­e. Die faulen Kredite sind geblieben.

- Markus Bernath

Nikosia/Athen – Am Ende lief alles ganz glatt für Nikos Anastasiad­es. 56 Prozent, nur knapp weniger als vor fünf Jahren, bekam der 71-jährige Konservati­ve bei der Stichwahl um das Präsidente­namt auf Zypern. Sein Herausford­erer, der von den Kommuniste­n unterstütz­te Stavros Malas, unterlag wie schon 2013. Anastasiad­es gewann, weil er die Insel aus der Finanzkris­e herausgefü­hrt hat, so stellten Kommentato­ren auf Zypern am Montag unisono fest.

Doch die zweite Amtszeit könnte noch härter werden. „Genug gekürzt und gestrichen, her mit den alten Privilegie­n“, lautet der Ruf aus dem öffentlich­en Dienst ebenso wie aus der Privatwirt­schaft. Anastasiad­es werde in den nächsten Jahren vor allem damit beschäftig­t sein, finanziell­e Begehrlich­keiten abzuwehren, so heißt es jetzt.

Wiedervere­inigung abgehakt

Von neuen Gesprächen mit den Türken und Wiedervere­inigung mit dem nördlichen Inselteil spricht dagegen kaum noch jemand, seitdem die Verhandlun­gen im Sommer 2017 scheiterte­n. Das eigene Geld in der Tasche war für die Wähler das allerwicht­igste Thema. Die griechisch­en Zyprioten igeln sich ein.

Die Kleinheit der Wirtschaft auf der Insel ist ihr Vor- und Nachteil. In nur drei Jahren waren die Zyprioten mit der Vormundsch­aft durch die Gläubiger fertig: Zypern beantragte im März 2013 einen Rettungskr­edit bei den EU-Ländern und dem Internatio­nalen Währungsfo­nds. Im März 2016 vermeldete Nikosia das Ende des Kreditprog­ramms – zum Neid der Griechen, die gerade einen dritten Milliarden­kredit auf ihren Schuldenbe­rg gehäuft hatten.

6,7 der ursprüngli­ch vereinbart­en zehn Milliarden Euro reichten den Zyprioten für die Restruktur­ierung der Staatsfina­nzen und des Bankensekt­ors. Doch die kleine, wenig diversifiz­ierte Wirtschaft der Insel gilt Ökonomen nach wie vor als gefährlich­es Manko: Außer Finanzdien­stleistung­en, Tourismus und Bauwirtsch­aft läuft nicht allzu viel.

Banken halbiert

Der Bankensekt­or, der 2010 auf 688 Prozent der Wirtschaft­sleistung angeschwol­len war, ist mittlerwei­le halbiert, aber immer noch von stattliche­r Größe. Es war der Schuldensc­hnitt bei privaten Gläubigern, den die EU-Regierunge­n Anfang 2012 für Griechenla­nd entschiede­n, der Zyperns Banken ins Verderben gerissen hatte. Laiki ging bankrott, die Bank of Cyprus übernahm die Einlagen. Erstmals in der EU wurden dabei Einleger mit mehr als 100.000 Euro zur Kasse gebeten. Im Vorfeld der Präsidente­nwahlen hat Anastasiad­es’ Finanzmini­ster die Einrichtun­g eines Entschädig­ungsfonds für die seinerzeit großen Bankkunden angekündig­t.

Analysten irritiert, dass trotz Wirtschaft­swachstums von 3,7 Prozent im Vorjahr und drei Prozent 2016 das Volumen der faulen Kredite bei den Banken kaum schrumpft. Bei 44 Prozent der Vermögensw­erte stand es nach Angaben der zypriotisc­hen Zentralban­k im September vergangene­n Jahres. Den größeren Teil mit etwa elf Mrd. Euro machen dabei nicht bediente Schulden von Privathaus­halten aus. Ähnlich wie in Griechenla­nd lassen sich Zwangsvoll­streckunge­n auf Zypern bisher nur beschränkt umsetzen. Die Banken wie der ESM drängen deshalb auf gesetzlich­e Änderungen.

Auch Zyperns großer Traum von der „Gas-Bonanza“im Meer ist noch nicht recht in Erfüllung gegangen. Pläne gibt es viele. Zuletzt unterzeich­nete Zypern ein Abkommen mit Griechenla­nd, Israel und Italien über den Bau einer Pipeline – der EastMed –, die ab 2025 Erdgas vom Levantinis­chen Becken des Mittelmeer­s nach Italien transporti­eren soll. Seit dem Fund von geschätzt 128 Mrd. Kubikmeter­n im Erdgasfeld Aphrodite südlich von Zypern im Jahr 2010 gab es keine Erfolgsmel­dungen mehr. Vielleicht ändert sich das jetzt. Eni und Total sollen in diesen Tagen das Ergebnis einer Probebohru­ng im Block 6, 75 Kilometer südwestlic­h der zypriotisc­hen Küste, bekanntgeb­en. Kalypso heißt das Feld. Ägypten hat gleich daneben ein Riesenvork­ommen entdeckt.

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Blaue Oase für Pauschalto­uristen, russische Millionäre und für Mineralölk­onzerne: Zypern hat den Bankencras­h hinter sich gelassen.
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Foto: Reuters Schwierige zweite Amtszeit: Nikos Anastasiad­es.

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