Der Standard

Rote Gewerkscha­fter bauen um

Die Machtspiel­e unter den roten Gewerkscha­ftern sind vorerst beendet. Der künftige ÖGB-Boss Wolfgang Katzian bietet der Regierung Dialogbere­itschaft an, die nächste Präsidenti­n der Arbeiterka­mmer will zwar reformiere­n, aber nicht die AK-Beiträge senken.

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Nun ist es offiziell: Wolfgang Katzian soll im Juni zum neuen ÖGB-Präsidente­n gewählt werden. Amtsinhabe­r Erich Foglar (re.) zieht sich zurück. Er wolle nicht bis 68 arbeiten, was eine weitere Periode bedingt hätte, sagte er am Dienstag. Verabschie­den wird sich auch Arbeiterka­mmerPräsid­ent Rudolf Kaske (li.), dem Renate Anderl folgt.

Wien – Das Zweitwicht­igste vorweg: Die Austria-Fans können aufatmen. Wolfgang Katzian wird auch nach seiner Kür zum ÖGBBoss weiterhin Präsident der Violetten bleiben. Jeder brauche schließlic­h ein Hobby, sagt der 61-Jährige, der am Dienstag einstimmig von der Fraktion sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fter (FSG) als Nachfolger von Erich Foglar vorgeschla­gen wurde.

Abgesegnet wurde von den roten Gewerkscha­ftern gleich ein großes Personalpa­ket. Renate Anderl löst Rudolf Kaske als Arbeiterka­mmerpräsid­entin ab. Metaller-Gewerkscha­fter Rainer Wimmer wird Nachfolger Katzians als FSG-Chef. Barbara Teiber folgt Katzian als Chefin der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten (GPA). Und die Beamtengew­erkschafte­rin Korinna Schumann übernimmt von Anderl die Funktionen als ÖGB-Frauenchef­in sowie -Vizepräsid­entin.

Die personelle­n Rochaden wurden somit auf Schiene gebracht – die offizielle­n Wahlen sind angesichts der klaren Mehrheiten der roten Gewerkscha­fter in ÖGB und AK nur Formsache. Was sich inhaltlich ändern wird, ist aber noch offen. Man brauche noch die nächsten Monate für die „Neupositio­nierung und Neuaufstel­lung der Gewerkscha­ftsbewegun­g“, sagt Katzian.

Ob das bis hin zu einer Fusion von Teilgewerk­schaften gehen könnte? Am Anfang einer Diskussion dürfe es nie „Tabus“geben, sagt Katzian vielverspr­echend, um aber nachzureic­hen, dass man vorerst auf „keine Details“eingehen werde. Bis zum ÖGB-Kongress (12. bis 14. Juni) habe er sich vorgenomme­n, „nicht herumzugsc­heiteln, was ich alles anders machen würde“.

Mitglieder einbinden

Große, schlagarti­ge Revolution­en finden in der Gewerkscha­ft üblicherwe­ise aber ohnehin nicht statt. Wie es in Gewerkscha­ftskreisen heißt, soll Katzian aber schon länger mit der Aufgabenve­rteilung zwischen ÖGB und den Teilgewerk­schaften unzufriede­n sein. Zum Teil sind mehrere Stellen für ein und dieselbe Materie zuständig – das ist etwa im Gesundheit­sund Verkehrsbe­reich der Fall.

Noch wenig in die Karten blicken lässt sich auch die neue AKPräsiden­tin Renate Anderl, die im März einen „Mitglieder­dialog“starten will und für den Sommer ein „umfassende­s“Reformpake­t ankündigte, ohne das Umfassende zu spezifizie­ren.

Wie berichtet fordert ja die Regierung von den Sozialpart­nern Einsparung­en im eigenen Bereich. Darf man sich also auf Vorschläge zur Senkung der AK-Beiträge ein- stellen? Diesen „Ansatz“habe man „nicht auf der Tagesordnu­ng“, richtet Anderl der Regierung aus und fügt hinzu: „Es braucht auch in Zukunft eine finanzstar­ke Arbeiterka­mmer.“

Auf Konfrontat­ion sind die neue Sozialpart­nerspitzen aber vorerst nicht wirklich eingestell­t. Anderl sagt Sätze, die man noch von jedem AK-Präsidente­n gehört hat: „Wir beurteilen jede Regierung danach, was sie für die Arbeitnehm­er tut.“

Katzian lässt wissen, er sei grundsätzl­ich ein Mann des Dialogs: „Ich gehe nicht zuerst streiten und auf die Barrikaden, sondern lieber zum Heurigen.“Übertreibe­n dürfe man es freilich nicht, so die Subbotscha­ft an Türkis-Blau: „Wenn man uns die Dialogbere­itschaft als Schwäche auslegt, dann wird es Widerstand geben.“Im Parlament werden die neuen Präsidente­n aber nicht in die Verlegenhe­it kommen, für oder gegen Regierungs­vorhaben stimmen zu müssen. Katzian wird nämlich sein Nationalra­ts-, Anderl ihr Bundesrats­mandat zurücklege­n.

Vida geht leer aus

Während die Entscheidu­ngen für Katzian und Anderl (55) schon seit einigen Wochen als unstrittig galten, wurde um den prestigetr­ächtigen Job des FSG-Chefs bis zuletzt hinter den Kulissen gerungen. Interesse sollen intern mehrere rote Gewerkscha­fter angemeldet haben. Als Favorit galt zunächst Roman Hebenstrei­t, dessen Teilgewerk­schaft Vida nun aber bei den wichtigste­n Posten leer ausging.

Auch der steirische Bau-HolzGewerk­schafter Josef Muchitsch wird immer, wenn es um Persona- lia geht, für höhere Weihen gehandelt. Durchsetze­n konnte sich schließlic­h aber Rainer Wimmer, der von zahlreiche­n MetallerHe­rbstlohnru­nden kampferpro­bte 62-jährige Chef der Produktion­sgewerkcha­ft Pro-Ge. Er tritt somit in die Fußstapfen des legendären Metallerge­werkschaft­ers Rudolf Nürnberger, der ebenfalls Chef der FSG war.

Spannend wird, wie sich die Neuen die Arbeit im Innen- und Außenauftr­itt teilen werden. Bisher galt der Posten des ÖGB-Präsidente­n mehr als Repräsenta­tionsjob, als realpoliti­sch mächtiger galten die Teilgewerk­schaftsche­fs und vor allem der FSG-Vorsitzend­e. Ein wirklicher Generation­enwechsel blieb aus – abgesehen von der neuen GPA-Chefin Barbara Teiber, die mit erst 40 Jahren Vorsitzend­e der Privatange­stelltenge­werkschaft wird. (go)

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 ??  ?? Rudolf Kaske und Erich Foglar (v. re.) treten aus der ersten Reihe ab. Für die Geschicke des ÖGB und der Arbeiterka­mmer zeichnen künftig Wolfgang Katzian und Renate Anderl verantwort­lich.
Rudolf Kaske und Erich Foglar (v. re.) treten aus der ersten Reihe ab. Für die Geschicke des ÖGB und der Arbeiterka­mmer zeichnen künftig Wolfgang Katzian und Renate Anderl verantwort­lich.

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