Der Standard

EU fordert Rechtsstaa­tlichkeit

Missionen gegen Korruption für gesamten Balkan

- Adelheid Wölfl

Straßburg/Sarajevo – „Heute zeigen die Länder klare Elemente von Unterwande­rung des Staates, einschließ­lich Verbindung­en zu organisier­ter Kriminalit­ät und Korruption auf allen Ebenen von Regierung und Verwaltung, sowie eine starke Verflechtu­ng von öffentlich­en und privaten Interessen. All dies führt zu einem Gefühl der Straflosig­keit und Ungleichhe­it. Es gibt auch eine umfassende politische Einmischun­g und Kontrolle der Medien“, heißt es in der neuen Erweiterun­gsstrategi­e der EU-Kommission.

Die Analyse ist hart, aber sie trifft die wunden Punkte genau. In dem EU-Papier sind auch Ideen, wie man die Situation in Montenegro, Serbien, Bosnien-Herzegowin­a, Mazedonien, dem Kosovo und Albanien ändern könnte. So soll der Zustand der Rechtsstaa­tlichkeit genau untersucht werden und „Beratungsm­issionen“in alle Staaten geschickt werden. Vorbild ist jene Mission aus dem Jahr 2015 in Mazedonien, die den Staat, der komplett von Parteiinte­ressen unterwande­rt war, unter die Lupe nahm.

Das veröffentl­ichte Urteil der Rechtsexpe­rten (Priebe-Bericht) führte letztlich zu der Wiedereinf­ührung von Rechtsstaa­tlichkeit, einem Regimewech­sel und zu Reformansä­tzen. In allen Staaten der Region kontrollie­ren Parteien (und die Vertreter ihrer Wirtschaft­sinteresse­n) die Verwaltung­en und vielerorts die Justiz und Polizei, Geheimdien­ste spielen eine undurchsic­htige Rolle.

Nun sollen Aktionsplä­ne geschaffen werden, um die Ziele der Reformen genauer zu definieren und ihr Erreichen zu prüfen. Die Strategie der Kommission ist nicht neu: Bereits in den vergangene­n Jahren stellte man Rechtsstaa­tlichkeit (Kapitel 23 und 24 des EU-Rechtsbest­ands) bei der EUAnnäheru­ng in den Mittelpunk­t, dennoch kam es kaum zu Reformen. „Wenn es trotzdem nicht besser geworden ist, muss man sich die Frage stellen, ob die bisherigen Instrument­e die richtigen waren“, meint der Balkanexpe­rte Tobias Flessenkem­per.

Druck auf Staaten

Der Leiter des Zentrums für Südosteuro­pastudien der Uni Graz, Florian Bieber meint, dass es gut ist, dass die strukturel­len Probleme klar benannt werden. „Wenn auf die Staaten Druck gemacht wird, dass sie bei der Evaluierun­g der Rechtsstaa­tlichkeit mitmachen müssen und die Berichte veröffentl­icht werden, kann das eine sehr starke Dynamik auslösen“, so Bieber. Als positiv erachtet er auch, dass alle bilaterale­n Konflikte vor dem Beitritt gelöst sein müssen.

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