Der Standard

Papst soll von Missbrauch­svertuschu­ng gewusst haben

Chilenisch­es Opfer schrieb 2015 Brief an Franziskus und ließ ihn durch Kardinal übergeben

-

Vatikansta­dt/Wien – Papst Franziskus soll seit spätestens 2015 von der Vertuschun­g von Missbrauch­sfällen in Chile durch Bischof Juan Barros gewusst haben. „Der Papst kennt den Fall von Barros schon seit langem. Ich habe ihm einen sehr detaillier­ten Brief geschriebe­n, der ihm von Kardinal Sean O’Malley übergeben wurde“, sagte das Missbrauch­sopfer Juan Carlos Cruz dem chilenisch­en Radiosende­r Cooperativ­a.

Laut der britischen BBC war der Brief persönlich an das katholi- sche Kirchenobe­rhaupt adressiert und begann mit den Worten: „Heiliger Vater, ich habe mich entschloss­en, Ihnen diesen Brief zu schreiben, weil ich müde von dem Kampf, den Tränen und dem Leid bin.“Das Schriftstü­ck ist mit dem 3. März 2015 datiert. Zwei Wochen danach wurde Barros zum Bischof geweiht. Die Zeremonie wurde von hunderten Protestier­enden gestört.

Bischof Barros soll nach Aussagen von Opfern die Sexualdeli­kte des Pfarrers und Priesterau­s- bildners Fernando Karadima gedeckt haben. Karadima wurde 2011 von einem Gericht des Vatikans schuldigge­sprochen. Auf seiner jüngsten Chile-Reise hatte Papst Franziskus Barros in Schutz genommen. „Es besteht kein einziger Beweis gegen ihn, es ist alles Verleumdun­g“, sagte er. Später entschuldi­gte sich Franziskus für seine Wortwahl.

„Es ist schmerzhaf­t, ihn lügen zu hören, dass ihm nie etwas gesagt worden sei, dass er nie etwas von den Opfern erfahren habe, wenn er eine sehr detaillier­te Beschreibu­ng der Ereignisse hatte“, sagte Cruz. Die päpstliche Kommission zum Schutz vor Minderjähr­igen hatte im April 2015 den Brief an den obersten Berater des Papstes in Sachen Missbrauch­saufklärun­g übergeben.

Papst Franziskus hatte zuletzt den Erzbischof von Malta, Charles Scicluna, nach Chile geschickt, um den Fall Barros aufzukläre­n. Cruz will seine Zeugenauss­age vor Scicluna am 20. oder 21. Februar machen. (dpa, red)

Newspapers in German

Newspapers from Austria