NS-Umtriebe: SPÖ will Bericht
Heuer keine Rechtsextremismusanalyse der Grünen
Wien – Angesichts der jüngsten Zahlen aus dem Justizressort, wonach die Verurteilungen wegen Wiederbetätigung und Verhetzung im Vorjahr mit 226 Schuldsprüchen stark angestiegen sind, erneuert Andreas Schieder, geschäftsführender Klubchef der SPÖ, im STANDARD- Gespräch die rote Forderung, dass Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) – wie vor 2002 üblich – die Erstellung eines eigenen Rechtsextremismusberichts veranlassen solle.
Den Gerichten attestiert Schieder, dass im Zuge von Verfahren wegen des NS-Verbotsgesetzes und ähnlicher Delikte offenbar „sensibel reagiert“werde, er sieht sich wegen der steigenden Anzahl an Verurteilungen aber darin bestätigt, dass braune Umtriebe hierzulande „leider hoch aktuell“bleiben – nicht zuletzt auch wegen des Einzugs deutschnationaler Burschenschafter in viele der nun von der FPÖ geführten Ministerkabinette. Schieders Befürchtung: Dass speziell in Kickls Ministerium die Problematik „unter den Teppich gekehrt werden könnte“, obwohl es „hier kein Pardon geben dürfte“.
Einmal mehr spricht sich der SPÖ-Politiker deswegen auch dafür aus, dass die Neuzugänge in den Kabinetten samt der neuen Generalsekretäre mit Durchgriffsrecht von den Verfassungsschützern überprüft werden. Vor kurzem wurde ein entsprechender Antrag von den Koalitionsparteien jedoch abgelehnt.
Warum die rot-schwarze Koalition nach der Abschaffung durch Schwarz-Blau nicht wieder einen Rechtsextremismusbericht eingeführt habe? Dazu erklärt Schieder: „Wir von der SPÖ wollten das immer“– doch Kickls Vorgänger Wolfgang Sobotka, nun Erster Nationalratspräsident, habe sich dagegen gesperrt. Hintergrund: Seit der Jahrtausendwende sind die Entwicklungen der rechtsextremen Szene im Verfassungsschutzbericht mitenthalten.
Im Jahr 2016 haben deswegen die Grünen einen 130 Seiten starken Rechtsextremismusbericht herausgegeben, den sie alle zwei Jahre erneuern wollten. Doch heuer wird es ein solches Konvolut nicht geben, erklärt auf Anfrage Herausgeber und Ex-Justizsprecher Albert Steinhauser – weil wegen des Ausscheidens der Partei aus dem Nationalrat die Ressourcen dafür fehlen.
In dem Bericht handelten die Grünen penibel die Entwicklung von einschlägigen Anzeigen und Verurteilungszahlen zwischen 2010 und 2015 ab – inklusive detaillierter Bundesländeranalysen. Außerdem enthalten: ein Kapitel über „völkische Verbindungen“sowie allfällige ideologische „Verquickungen“mit der FPÖ.
Zum Vergleich: Der entsprechende Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016 umfasst gerade einmal fünf Seiten. Steinhauser: „Das ist also nur eine Fieberkurve und zu kurz, um die gesamte Problematik aufzuarbeiten.“(nw, vr)