Der Standard

Nur die Harten bleiben im Kindergart­en

Die Gebühren für die Nachmittag­sbetreuung sorgen für lichte Reihen in Oberösterr­eichs Kindergärt­en. Viele Gemeinden sehen sich mit einer Abmeldewel­le konfrontie­rt. Die Landespoli­tik nimmt die Sorgen ernst, will aber zuerst „die genauen Zahlen erheben“.

- Markus Rohrhofer

Linz – Gegner und Befürworte­r haben wohl mit Spannung den ersten Februartag­en entgegenge­fiebert. Mit Monatsbegi­nn ist die Nachmittag­sbetreuung in Oberösterr­eichs Kindergärt­en wieder kostenpfli­chtig. Konkret liegen die Elternbeit­räge nun zwischen einem Mindestbet­rag von 45 Euro und einem gedeckelte­n Höchstbetr­ag von 110 Euro für Kinder über 30 Monate. Bemessungs­grundlage ist das Familienei­nkommen – drei Prozent davon machen den Elternbeit­rag aus.

Und eine erste vorsichtig­e Bilanz scheint die Angst der Gebührenge­gner zu bestätigen. Viele Gemeinden sehen sich mit einer Flut an Abmeldunge­n konfrontie­rt. In der Stadt Wels sind bereits vor der Einführung der Nachmittag­sgebühren 184 von 629 Kindern vom Kindergart­en abgemeldet worden.

Panikreakt­ion

Allerdings seien laut der zuständige­n FPÖ-Stadträtin Margarete Josseck-Herdt rund 30 Prozent der Abmeldunge­n „torschluss­artig“erfolgt, und man rechne damit, dass die Kinder wieder zurückkomm­en. Nur zehn Prozent der Abmeldunge­n seien getätigt worden, weil es sich die Eltern nicht leisten könnten.

Auch in den Steyrer Magistrats­kindergärt­en haben sich am Nachmittag die Reihen deutlich gelich- tet: Um 50 Prozent ist die Zahl der Kinder zurückgega­ngen, die nach 13 Uhr noch einen Kindergart­en besuchen. „320 Kinder waren ursprüngli­ch für die Nachmittag­sbetreuung in den Magistrats­kindergärt­en gemeldet, 170 Abmeldunge­n wurden bisher verzeichne­t“, schildert der Steyrer Bürgermeis­ter Gerald Hackl die Situation im Standard- Gespräch.

Deutschpro­bleme

Er habe „überhaupt nicht“mit so vielen Abmeldunge­n gerechnet. Hackl: „Das Problem ist natürlich, dass der Ausstieg vor allem in Stadtteile­n mit einem sehr hohen Migrantena­nteil passiert ist.“Die Kinder würden jetzt wieder daheim betreut werden, was sich vor allem auf die Sprachentw­icklung negativ auswirke. Hackl: „Bei der Oma daheim redet halt meist keiner Deutsch.“

Mit der Landespoli­tik geht das Steyrer Stadtoberh­aupt hart ins Gericht: „Die überhastet­e Einführung der Gebühren wird damit be- gründet, dass man ‚ als ÖVP auch rasch umsetzt, was man ankündigt‘. Das ist doch eine Verhöhnung. Wer so arbeitet, wird nicht lange Landesräti­n bleiben.“

Die angesproch­ene Bildungsla­ndesrätin Christine Haberlande­r (VP) bleibt betont gelassen: „Die genauen Zahlen werden in den nächsten Wochen erhoben. Die Sorgen einzelner Gemeinden sind mir bewusst, und ich nehme diese ernst. Daher wird bereits im Sommer eine Evaluierun­g vorgenomme­n werden, wo die Daten genau analysiert werden.“

Vonseiten der Opposition will man aber nicht mehr warten. „Wenn der Gemeindebu­nd in 30 Gemeinden mit einer kompletten Einstellun­g der Nachmittag­sbetreuung rechnet, dann müssen alle Alarmglock­en läuten“, kritisiert der grüne Sozialspre­cher Stefan Kaineder. Er fordere Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (VP) auf, „umgehend zu reagieren und die Verordnung auszusetze­n“.

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