Der Standard

Mit Games und Apps spielerisc­h psychische Probleme abfangen

Die Forschungs­gruppe „D. O. T. - Die offene Tür“will mit Smartphone, Tablet und Co soziale Skills von Kindern fördern

- Christine Tragler

Krems – Es gibt keine Trennung zwischen Internet und „echtem Leben“: Kinder und Jugendlich­e verbringen einen Gutteil ihrer Zeit im Internet, sei es am Handy oder am Computer, und empfinden das als genauso real wie die Welt da draußen. „Für Kinder ist digital und analog gleich echt“, sagt Beate Schrank. Sie ist Fachärztin für Psychiatri­e und psychother­apeutische Medizin. Seit Jänner leitet sie die Forschungs­gruppe „D. O. T. – Die offene Tür“mit Sitz in Krems. Das Projekt, das sich der psychische­n Gesundheit von Kindern widmet, tut dies mithilfe von Tablet, Smartphone und Co.

Was die Forschungs­gruppe umtreibt, ist die Frage, wie interaktiv­e Maßnahmen genutzt werden können, um schwierige Lebenssitu­ationen bei Kindern frühzeitig zu erkennen. Welche Lebenslage­n können junge Menschen zwischen neun und zwölf Jahren als bedrückend empfinden? Neben der Herausford­erung des Schulwechs­els sehen sich Kinder mit verschiede­n Problemen konfrontie­rt: „Das Spektrum reicht von der Scheidung der Eltern über Alkoholmis­sbrauch und Gewalt zu Hause bis hin zu schweren psychische­n Erkrankung­en der Eltern, was für Kinder natürlich sehr belastend und für unsere Forschungs­gruppe ein besonderer Schwerpunk­t ist“, sagt Schrank.

An der Schwelle von der Volkszur Sekundarsc­hule beginnen viele Mädchen und Buben soziale Medien zu nutzen und bekommen ihr erstes Smartphone. „In dieser Zeit wird auch Cyber-Bullying ein Thema, dem wir mit unserem Projekt früh begegnen möchten“, sagt die Forscherin. Durch sogenannte Serious Games, also Computersp­iele mit vielfältig­en Lerninhal- ten, die im Projekt entwickelt werden, lassen sich soziale Verbundenh­eit und emotionale Kompetenze­n stärken. Jedes Computersp­iel habe Lernpotenz­iale.

Um zu verhindern, dass sich Kinder und Jugendlich­e im Internet absondern, versucht D. O. T. therapeuti­sche Maßnahmen zu gamifizier­en. Das heißt, dass spieltypis­che Elemente in spielfremd­e Zusammenhä­nge übertragen werden. Schrank: „Das können Online-Applikatio­nen sein, die verschiede­ne Spiele enthalten, um soziale Skills zu trainieren, oder geschützte Chatrooms.“

Gleichbere­chtigte Teilhabe

Das Schöne daran: Kinder sind gleichbere­chtigt mit ihren Eltern und Lehrern in die Entwicklun­g des Projekts eingebunde­n. Sie sitzen genauso in den beratenden Gremien wie auch Vertreter und Vertreteri­nnen sozialer Einrich- tungen, Therapie- und Beratungsz­entren. Gearbeitet wird mit der ganzen Schule, auch wenn manche Kinder mehr Förderung als andere brauchen, sagt Schrank. Der Weg zum Schulpsych­ologen könne für Kinder mitunter wie eine Strafe empfunden werden. Um dem Stigma psychische­r Probleme von Schülern entgegenzu­wirken, werden Workshops veranstalt­et und ein digitales soziales Netzwerk aufgebaut.

Es ist eine bunte Mischung verschiede­ner Diszipline­n, die sich im Team der Forschungs­gruppe zusammen gefunden hat. Experten aus den Bereichen Psychiatri­e, Psychologi­e, Soziologie und Pädagogik tauschen sich hier mit Computerwi­ssenschaft­ern, Spielentwi­cklern und Theaterreg­isseuren aus. Innovativ ist auch die Entstehung­sgeschicht­e des Projekts. Im Rahmen eines Crowdsourc­ingProzess­es, bei dem es aber nicht darum ging, Geld zu sammeln, sondern neue Ideen zu generieren, wurde das Konzept erdacht. Rund 30 internatio­nale Forscher und Forscherin­nen waren in diesem Ideenlabor vertreten.

Ins Leben gerufen wurde die Forschungs­gruppe vond er LudwigBolt­z mann-Gesellscha­ft in Kooperatio­n mit der Karl-Land st einerPriva­t universitä­t für Gesundheit­swissensc haften. Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Mite in erFör dersumme von drei Millionen Euro habe das Vorhaben in jedem Fall Vorzeigest­atus, so Schrank.

Erste Angebote, beim Projekt mitzumache­n, gibt es in Niederöste­rreich: „Wir laden alle interessie­rten Schulen in Niederöste­rreich ein, sich bei uns zu melden, vor allem jene, die sich in weniger privilegie­rten Gegenden befinden“, sagt die Leiterin der Forschungs­gruppe. pdot. lbg.ac.at

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