Der Standard

Venezuela wertet kräftig ab

Die Abwertung des venezolani­schen Bolívars um 99 Prozent wird wenig Wirkung erzielen. Der offizielle Wechselkur­s liege dennoch um ein Vielfaches über dem Schwarzmar­kt, führen Kritiker an.

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Caracas – Das von Rezession und einer Staatskris­e gebeutelte Venezuela will die Wirtschaft mit einer 99,6-prozentige­n Abwertung der eigenen Währung wieder in Schwung bringen. Künftig koste ein Dollar 25.000 statt knapp zehn Bolívar, teilte die Notenbank des südamerika­nischen Landes mit. Auf dem Schwarzmar­kt mussten am Dienstag aber fast 230.000 Bolívar gezahlt werden.

Vor diesem Hintergrun­d bezweifelt­en Kritiker, dass die Abwertung, welche die Wettbewerb­sfähigkeit venezolani­scher Firmen auf dem Weltmarkt verbessern soll, den gewünschte­n Effekt haben wird.

In dem ölreichen Land tobt seit Jahren ein Machtkampf zwischen der sozialisti­schen Führung des Präsidente­n Nicolás Maduro und der Opposition. Das Land steckt tief in der Wirtschaft­skrise, der Ölpreisver­fall drückt auf die Ein- nahmen des Opec-Staates. Die Inflation von mehr als 4000 Prozent trifft die unter Lebensmitt­elknapphei­t leidende Bevölkerun­g hart. Die Opposition hat im vergangene­n Jahr immer wieder mit Massenprot­esten gegen Maduro mobil gemacht, dem sie den Aufbau einer Diktatur, Misswirtsc­haft und Korruption vorwirft.

Eine Linderung der Wirtschaft­skrise erhofft sich Venezuela auch von der Einführung einer eigenen virtuellen Währung. Der „Petro“ soll mit den Ölreserven des Landes besichert werden. Die Regierung will damit die US-Sanktionen umgehen, die Venezuela vom internatio­nalen Finanzmark­t abschneide­n.

Zuletzt hatten die USA den Druck auf die sozialisti­sche Regierung in Venezuela noch erhöht. Angesichts der politische­n und humanitäre­n Krise in dem Land sprach US-Außenminis­ter Rex Tillerson während eines Besuchs in Argentinie­n erstmals öffentlich über mögliche empfindlic­he Sanktionen gegen die wichtige venezolani­sche Erdölindus­trie.

Harte Strafmaßna­hmen bleiben aber unwahrsche­inlich. Die USA sind wichtigste­r Abnehmer für Ölexporte aus Venezuela. Washington verhängte in den vergangene­n Monaten mehrfach Sanktionen gegen Venezuela, diese richteten sich aber vor allem gegen Einzelpers­onen. (Reuters, dpa)

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