Der Standard

Wolfgang Fellners Wunschkonz­ert

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Es gibt wahrschein­lich eine knappe Mehrheit im Lande, die möchte, dass diese Regierung erfolgreic­h ist und „etwas weiterbrin­gt“. Die gefühlte oder tatsächlic­he Blockade während der SPÖ/ÖVP-Koalition hat einen breiten Unmut erzeugt und den Machtwechs­el zu türkisblau beschleuni­gt. Von dieser Regierung haben sich viele D etwas erwartet. as Problem dabei ist aber zunächst der Regierungs­partner FPÖ, der zwischen Inkompeten­z und demokratis­cher Bedenklich­keit oszilliert. Die Freiheitli­chen haben schwach begonnen – mit Themen wie Rauchfreih­eit, Raserfreih­eit und berittener Polizei; und sie sind sofort im gestreckte­n Galopp in den Sumpf ihrer Burschensc­haften und sonstigen extrem rechten Connection­s geritten. Letztes Beispiel: FPÖ-Geschäftsf­ührer Harald Vilimsky wird sich am Aschermitt­woch mit der AfD verbrüdern, einer Partei, deren Bundestags­abgeordnet­er Siegbert (sic!) Droese nostalgisc­h vor dem Führerbunk­er („Wolfsschan­ze“) im ehemaligen Ostpreußen posiert (mit Hand am Herz).

Die FPÖ ist das eine Problem von Sebastian Kurz; das andere ist, dass seine türkise Truppe zu gern auf Populismus setzt, zuletzt auf dem Gebiet des Rechtswese­ns, genauer im Sexualstra­frecht. Und selten sind die populistis­chen Beweggründ­e so klar ausgesproc­hen worden wie von Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler im ZiB 2- Interview mit Armin Wolf am Montag.

Edtstadler sagte, die Justiz brauche eine „möglichst breite Akzeptanz der Bevölkerun­g“. Wenn die Strafen bei Gewaltund Sexualdeli­kten „im unteren Rahmen“seien, dann „kann man nicht von Akzeptanz sprechen (…). Mir ist es wichtig, dass wir den sozialen Frieden in diesem Land wahren. Und aus meiner Sicht ist es dann auch wichtig, dass man, wenn es notwendig ist, auch strengere Strafen verhängt“.

Wolf fragt daraufhin, ob der soziale Friede im Land durch niedrige Strafen gefährdet sei.

Edtstadler darauf in verblüffen­der Argumentat­ion: „Also wenn man einigen Posts auch in sozialen Medien auf Berichte von sehr niedrigen Strafen folgt, dann muss man schon fürchten, dass das der Fall ist, ja.“Hasspostin­gs auf Straches Facebook-Seite, Trolle im Internet, Shitstorms in den diversen Foren als Richtschnu­r der Rechtspoli­tik im sensibelst­en Bereich? Die Welt der „sozialen Medien“als Grundlage der Regierungs­politik?

Jeder halbwegs damit Befasste weiß, wie vorsichtig und differenzi­ert man mit den „sozialen Medien“umgehen muss. Eine Studie der Datenjourn­alisten bei mokant.at über die Wirkung von Facebook im österreich­ischen Wahlkampf ergab etwa, dass die Hälfte von 2,9 Millionen Kommentare­n von nur 8900 Usern W stammte. enn ein zehnjährig­er Bub von einem irakischen Asylwerber im Bad vergewalti­gt wird und der OGH die Strafe von sieben auf vier Jahre herabsetzt, dann irritiert das auch gemäßigte Menschen. Die Begründung wird schon nicht mehr wahrgenomm­en. Und würde man in manchen Fällen die Postings auf Straches FacebookSe­ite zur Richtschnu­r nehmen, könnte man die Lynchjusti­z einführen. „Kurz präsentier­t für die Ferien KurzBuch und Polit-Häppchen“, titelt die Krone. Das klingt nach subtilem Tadel. Vielleicht ein Warnzeiche­n. hans.rauscher@derStandar­d.at

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