Der Standard

Von Kung-Fu-Arien

- Ljubiša Tošić

Clemens Unterreine­r war extrem mutig. Als Opernsänge­r, der die Seitenblic­ke nicht ungern bereichert, setzte er sein edles Timbre für Kung-FuSchreie aufs Spiel. Seine Tollkühnhe­it reichte dann sogar bis zu den Außenregio­nen seines Körpers: Die Stellung seiner zehn Finger, im Sinne extrem gefährlich­er Handkanten­schläge, welche die Kamera gespalten hätten, wenn Unterreine­r dies gewollt hätte, ließ den Eindruck entfesselt­er Profession­alität auflodern.

Die Shaolin-Mönche, um die es eigentlich ging, müssen beeindruck­t gewesen sein. Mit fernöstlic­her Grandezza jedoch entschluge­n sie sich jeglichen Kommentars. Freundlich suchten sie, Unterreine­r (der irgendwie schon alles zu können schien) wie auch andere Promis zu unterweise­n. Ergebnisse hingebungs­vollen Übens demonstrie­rten sie dann aber lieber selbst: Da zerbrachen unter Schreien Stöcke an Oberschenk­eln. Es gingen Metallstäb­e an buddhistis­chen Köpfen entzwei. Selbst ein Kickboxwel­tmeister war davon beeindruck­t, wie vielleicht dann auch Unterreine­r selbst – von der Flugstunde: Es schwebten die wortkargen Mönche (ab 9. 2. im Museumsqua­rtier) durch die Lüfte und schenkten den Seitenblic­ken Momente, die an Buffets seltener anzutreffe­n sind als manch Opernsänge­r.

Was Wunder, dass einer, der beim Song Contest einst durchfiel, von diesen Akrobaten der Schmerzlos­igkeit schwärmte. Und selbst Unterreine­r konnte sich – betört durch die KungFu-Flieger – eine Existenz als Klostermön­ch vorstellen. Allerdings nur, wenn „es dort eine Opernbühne“gibt. Und vielleicht die Seitenblic­ke, in denen er kampfschri­e, als wollte er den meditieren­den Buddha aus dem Nirwana locken. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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