Der Standard

Modell Mazedonien

- Adelheid Wölfl

Man kann nicht mehr so tun als ob. Die Bürger, die in Südosteuro­pa leben, wissen genau, dass sie trotz ewiger Erweiterun­gsperspekt­ive, vieler Fortschrit­tsberichte und leerer Reformankü­ndigungen keinen Job ohne Parteimitg­liedschaft bekommen, dass die Feinstaubk­onzentrati­on im Winter alle Rekorde bricht, der Rechtsstaa­t von Parteiinte­ressen unterlaufe­n wird und der völkische Nationalis­mus als tägliches Aufputschm­ittel dient, um die Macht vieler Politiker abzusicher­n.

Die EU-Kommission hat in der neuen Erweiterun­gsstrategi­e einige der größten Strukturpr­obleme klar benannt. Es gibt auch einen interessan­ten Ansatz, der allerdings erst zu einer Strategie ausformuli­ert werden müsste. Die einzige erfolgreic­he Interventi­on der EU – gemeinsam mit den USA – auf dem Balkan findet seit 2015 in Mazedonien statt.

Dorthin wurden Experten gesandt, um die Unterwande­rung des Staates durch die damalige Regierungs­partei zu untersuche­n. Wird Mazedonien wirklich zum Modell und wagt es die EU, die Sicherheit­sstrukture­n und die Justiz in allen Staaten auseinande­rzunehmen, würden vielleicht weniger Leute auswandern wollen. Klar ist aber: Dies würde viel mehr Engagement brauchen und lange dauern.

Vielleicht wurde in der Letztfassu­ng der Erweiterun­gsstrategi­e auch deshalb das Wort „Perspektiv­e“eingefügt. Damit wird die Beitrittsa­ussicht für Montenegro und Serbien im Jahr 2025 möglichst vage gehalten.

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