Der Standard

Politische Feigheit

- Markus Rohrhofer

Der Ansatz der in Oberösterr­eich nun wieder eingeführt­en Kindergart­engebühren könnte eigentlich sozialer nicht sein: Die Bemessungs­grundlage ist das Familienei­nkommen, und jene, deren Topf voller ist, zahlen mehr als jene, die sich finanziell nach der Decke strecken müssen. Die Stärkeren tragen die Schwächere­n mit – auch durch den gebührenpf­lichtigen Kindergart­ennachmitt­ag. Und in Härtefälle­n fallen die Beiträge ganz weg.

Doch das System hat tatsächlic­h eine gewaltige Schwachste­lle: die Politik. Das eigentlich­e Übel begann bereits 2009, als man in Wahlkampfl­aune die Kindergart­engebühren, die zu diesem Zeitpunkt gar nicht in der elterliche­n Diskussion standen, abschaffte. Acht Jahre später wurde das Zuckerl dank der Wiedereinf­ührung jetzt zur bitteren Pille.

Vor allem aber war die Rückholakt­ion der Nachmittag­sgebühren eine klare Absage an eine konsensori­entierte Politik. Die ÖVP entschied sich bewusst dafür, ihre Pläne dem Volk nur häppchenwe­ise zu servieren. Zuerst eine vage Ankündigun­g im Oktober, dass „Elternbeit­räge“kommen werden. Dann blieb man wochenlang Details schuldig. Zum Jahreswech­sel folgten erste Zahlen – und die Ankündigun­g, dass mit Februar die Gebühren gelten. Die Möglichkei­t einer Übergangsf­rist bis zum nächsten Kindergart­enjahr wurde nicht einmal angedacht. Eltern, Gemeinden und politische Mitbewerbe­r hat man so unelegant überrumpel­t. Politische Feigheit scheint das Mittel zum Zweck zu sein.

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