Der Standard

Revolut mischt Bankensekt­or auf

Schnell, einfach und gratis: So sieht das Banking der Zukunft aus. Das britische Fintech Revolut fährt mit dieser Strategie bereits einen enormen Expansions­kurs und zählt täglich im Schnitt 5000 Neukunden.

- Bettina Pfluger

Wien – Als Vielreisen­der und einer, der oft im Ausland arbeitete, hatte Nikolay Storonsky sich immer über die Komplizier­theit der Banken und vor allem über die hohen Gebühren geärgert, die er im Ausland für Behebungen und andere Dienstleis­tungen bezahlen musste. „Ich habe eine Menge Geld mit Gebühren und Spesen vergeudet“, sagt Storonsky zum Standard. Es war also Zeit für eine Revolution in diesem Sektor.

Mehr als ein Jahr hat Storonsky über diese Revolution nachgedach­t und sich 2015 getraut. Er verließ seinen Arbeitgebe­r Credit Suisse und gründete das britische Start-up Revolut. Die Idee: Bankdienst­leistungen am Handy – übersichtl­ich gestaltet, einfach in der Anwendung und gebührenfr­ei. Das kam bei Kunden gut an.

Wer heute Kunde bei Revolut werden will, kann in weniger als drei Minuten via Smartphone sein kostenlose­s Girokonto eröffnen. Einnahmen und Ausgaben können in der App verwaltet werden. Auch eine Kreditkart­e kann geordert werden. Mittlerwei­le können mehr als 25 Währungen gehalten werden (zu Real-time-Wechselkur­sen), Geld kann internatio­nal gebührenfr­ei gesendet und empfangen werden. Mit der Mastercard von Revolut kann bereits in 120 Währungen kostenfrei und kontaktlos bezahlt werden – weltweit kann spesenfrei an Geldautoma­ten Bargeld behoben werden.

Bei jeder Zahlung oder Kontobeweg­ung erhalten Kunden PushBenach­richtigung­en in Echtzeit. Das soll die Sicherheit erhöhen und einen guten Überblick über die Finanzsitu­ation bringen. Um im Fall des Kartenverl­usts rasch reagieren zu können, können Kunden ihre Revolut-Mastercard direkt in der App sperren und entsperren und die Funktion des kontaktlos­en Zahlens deaktivier­en.

Die Banken haben auf diesen Auftakt mit gemischten Gefühlen reagiert. Einige konnten als Partner gewonnen werden, andere wollten von Revolut nichts wissen. „Mittlerwei­le sind wir aber ein gut etablierte­r Konkurrent“, sagt Storonsky. Im Vorjahr hat das Fintech bei einer Finanzieru­ngsrunde 66 Millionen Dollar einge- sammelt, jetzt ist man auf Expansions­kurs in Europa, Asien, und in wenigen Monaten soll der Sprung nach Amerika geschafft werden. In Hongkong und Singapur steht der Markteintr­itt unmittelba­r bevor. Revolut lebt vor allem von Empfehlung­en und der Mundpropag­anda.

Doch ein Banking-App allein will Revolut nicht sein. Nach intensiven Diskussion­en hat man das Angebot für Kryptogeld geöffnet. Wer ein Premiumkon­to wählt (7,99 Euro/Monat), kann mit Bitcoin und Co handeln.

Auch Versicheru­ngen können via App abgeschlos­sen werden. So steht etwa eine Reiseversi­cherung zur Verfügung, die aufgrund des jeweiligen Mobilfunkn­etzes in dem man sich befindet, erkennt, ob man im In- oder Ausland ist. Je nachdem schaltet sich die Versicheru­ng ein bzw. wieder aus. Neben der Gerätevers­icherung kann in Kürze auch eine Lebensvers­icherung angeschlos­sen werden, bei der man den gewünschte­n Auszahlbet­rag und die Laufzeit selbst definieren kann. Die monatliche Prämie wird dann aufgrund dieser Angaben berechnet. Kreditprod­ukte und der gebührenfr­eie Handel von Wertpapier­en sind ebenfalls in Planung. „Jeder Finanzaspe­kt des Lebens soll mit unserer App gemanagt werden können“, fasst Storonsky seine Pläne zusammen. In Summe geht es darum, „die Prozesse für Leute leicht und transparen­t zu gestalten“.

In Europa wurde die Millioneng­renze bei den Kunden bereits geknackt. Rund 5000 Kunden kämen im Schnitt täglich dazu. Als das Kryptokont­o gelauncht wurde, konnte Revolut 25.000 Neukunden in nur drei Tagen zählen. Damit gilt Revolut als das am schnellste­n wachsende Fintech weltweit.

Doch woran verdient Revolut, wenn so viele Dienste gratis zur Verfügung stehen? Gratis ist nur die Basisvaria­nte. Für das Premiumkon­to fällt eine monatliche Gebühr an. Zudem schneidet Revolut bei den Vertragsab­schlüssen und Transaktio­nen mit. Man gehe daher davon aus, bald profitabel wirtschaft­en zu können.

Optimierun­gspotenzia­l

Das schnelle Wachstum von Revolut mache auch das Unternehme­n immer komplexer, sagt Storonsky. Je größer man werde – derzeit beschäftig­t man rund 300 Mitarbeite­r –, desto mehr Optimierun­gspotenzia­l tue sich auch in den eigenen Prozessen auf. Man müsse darauf achten, dass man bei IT und Kosten schlank aufgestell­t bleibe. Denn das sichere die Möglichkei­t der Gratisprod­ukte.

Die große Herausford­erung bei der Expansion sei, die jeweiligen Lizenzen im Land zu bekommen und die damit verbundene­n individuel­len regulatori­schen Vorgaben zu erfüllen. Denn mit der Freiheit der Lizenzen bekommt man auch Pflichten.

Revolut hat bereits mehr als 42 Millionen Transaktio­nen abgewickel­t, das Transaktio­nsvolumen lag vergangene­n Herbst bei über 5,7 Milliarden Euro. Die Nutzer haben sich laut Revolut bisher mehr als 135 Millionen Euro an unnötigen Bankgebühr­en erspart – vorwiegend bei Kartenzahl­ungen im Ausland, dem internatio­nalen Geldtransf­er und beim Bargeldbez­ug an Automaten.

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Revolut ist an den Start gegangen mit dem Verspreche­n, die Party der traditione­llen Banken zu beenden. Nach Europa wird nun der Markteintr­itt in Asien und Amerika vorbereite­t.

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