Der Standard

Rundfunk und Gebühren: Europas Konfliktzo­nen

Die FPÖ will die Rundfunkge­bühr doch wieder abschaffen – wie etwa die dänischen Rechtspopu­listen. Ungarn finanziert den Rundfunk aus dem Staatsbudg­et. In der Schweiz könnte eine Mehrheit für die Beibehaltu­ng stimmen.

- Harald Fidler

Am 4. März, in kaum vier Wochen, stimmen die Schweizer und Schweizeri­nnen darüber ab, ob sie weiterhin Rundfunkge­bühren zahlen wollen – mit gut 413 Euro pro Jahr die höchsten in Europa. Und es sieht so aus, als ob eine Mehrheit wollte.

Umfragen deuten auf mehr und mehr Gegner der Nobillag-Initiative hin. Billag heißt die Inkassofir­ma wie in Österreich die ORFTochter GIS. 61 Prozent könnten für die Billag stimmen, ergab eine Mittwoch veröffentl­ichte Onlineumfr­age. 2015 stimmten die Schweizer schon mit knapper Mehrheit für eine Rundfunkab­gabe für alle wie in Deutschlan­d und etwas günstiger als bisher.

„Linkssende­r“

In Dänemark drängt die kleine rechtspopu­listische Volksparte­i (wie die große SVP in der Schweiz) auf Abschaffun­g der Rundfunkge­bühren für den „Linkssende­r“DR. Die dänische Minderheit­sregierung stützt sich auf die Volksparte­i.

In Rumänien setzten Sozialdemo­kraten 2016 kurz vor den Parlaments­wahlen die Abschaffun­g der Rundfunkge­bühr durch.

Und in Österreich hat die FPÖ nach ein paar regierungs­verantwort­lichen Wochen wieder zu ihrer alten Form in Sachen „Zwangsgebü­hren“gefunden. Der Anlass: Die Zeit im Bild, wichtigste Nach- richtensen­dung des Landes, berichtete zwar über den Transitgip­fel in München, erwähnte aber Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) nicht.

FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache postet seither munter, Abschaffun­g der „Zwangsgebü­hren“sei sein „großes Thema“in der türkis-blauen Regierung. FPÖ-Medienspre­cher Hans-Jörg Jenewein sieht die Abschaffun­g oben auf der FPÖ-Agenda für ein neues ORF-Gesetz – das die Regierung schon vorbereite­t. Freitag verteidigt­e Jenewein noch im Ö1-Medienmaga­zin #Doublechec­k die ORF-Finanzieru­ng.

Aber schon im ORF-Sender Ö1 sprach Jenewein von der Möglichkei­t, den ORF statt aus Gebühren aus dem Staatsbudg­et zu finanziere­n. Das wollte die ÖVP schon ins Regierungs­programm schreiben, FPÖ-Verhandler legten sich – damals mit dem Argument größerer politische­r Abhängigke­it – quer.

SPÖ-Medienspre­cher Thomas Drozda sieht das Problem noch immer: „Wenn das ORF-Management Jahr für Jahr zum Finanzmini­ster und zum Bundeskanz­ler antichambr­ieren gehen muss, ist das das Gegenteil von Unabhängig­keit“, sagte er dem STANDARD.

In der Hälfte der Mitgliedsl­änder im europäisch­en Verband der öffentlich­en Rundfunkse­nder (EBU) gibt es derzeit Rundfunkge­bühren (Grafik oben). Fast zwei Dutzend finanziere­n Rundfunk aus staatliche­n Budgets oder Fonds – etwa Ungarn, Finnland, Spanien, Niederland­e, Bulgarien, Estland, Lettland, Island, Malta, Andorra und Vatikan.

Derzeit beschließt der (politisch besetzte) ORF-Stiftungsr­at die Höhe der Rundfunkge­bühren, zuletzt stiegen sie mit April 2017 nach fünf unveränder­ten Jahren um 6,5 Prozent. Die Medienbehö­rde Komm-Austria überprüft die Rechtmäßig­keit – der ORF darf Rundfunkge­bühren nur verwenden, um den öffentlich-rechtliche­n Auftrag zu erfüllen. Den Auftrag definiert das ORF-Gesetz. ÖVP und FPÖ haben angekündig­t, ihn präziser zu fassen. Mit dem neuen Gesetz soll der ORF auch einen Vorstand statt des Alleingesc­häftsführe­rs bekommen – eine Gelegenhei­t für eine Neubesetzu­ng. Eine Medienenqu­ete der Regierung im Frühjahr soll das Terrain aufbereite­n.

Tägliche Infoshow auf ORF 1

Mehr als ein Dutzend Jobs – vom Report- Chef bis zu neuen Channel-Managern und Chefredakt­euren für ORF 1 und ORF 2 – hat der ORF schon vor dem neuen Gesetz zu vergeben.

Und auf ORF 1 kommt mehr Nachrichte­nzeit: Eine tägliche Infoshow für den jüngeren Kanal ist intern schon beauftragt. Newsroom eins soll um 21 Uhr gegen die Magazine in ORF 2 laufen.

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