Der Standard

Bergmans Meisterwer­k „Persona“

- Roman Gerold

Eine Schauspiel­erin entscheide­t sich, für immer zu schweigen, weil sie nicht länger ein Geschäft mit der Lüge treiben will: Diese Idee bildet den Kern von Ingmar Bergmans Filmdrama Persona (1966). Es zählt es zu den Meisterwer­ken des europäisch­en Autorenkin­os, nimmt aber auch innerhalb von Bergmans Schaffen eine Sonderstel­lung ein. Persona, so sagte der schwedisch­e Regisseur später, habe ihm „das Leben gerettet“.

Wie dies gemeint sei, darüber gab am Mittwoch eine Doku Aufschluss, mit der Arte zum Jubiläum Bergmans beitrug, der heuer hundert geworden wäre: Durch Persona überwand er eine veritable Sinnkrise, einen Zweifel nicht zuletzt an den Möglichkei­ten des Kinos selbst. „Was kann meine Clownskuns­t ausrichten, wenn die Welt in Flammen steht?“, notierte Bergman angesichts der dräuenden 1968er-Bewegungen.

Die verstörend­e Kraft des Films rührt nicht zuletzt daher, dass das Leiden der verstummte­n Hauptfigur Bergmans eigenes, existenzie­lles widerspieg­elt. Geprägt ist Persona aber auch davon, wie entschiede­n der Regisseur beim Versuch, „alle bisherigen Filme zu vergessen“, mit Routinen brach. Am vordergrün­digsten etwa durch die Wahl der Ostsee-Insel Fårö als Drehort statt des Studios in Stockholm; aber auch durch die Entscheidu­ng, die Darsteller­innen Liv Ullmann und Bibi Andersson (als Krankensch­wester) verstärkt improvisie­ren zu lassen, sich „auf sie zu stützen“, wie Bergman sagte.

Im Anschluss an die Doku wurde der Film selbst gezeigt – und machte sicher: Bergmans so körperlich­en wie rätselvoll­en Bildern über das Schweigen ist auch mit diesem Wortreicht­um aus O-Tönen und Expertenst­atements letztlich nicht beizukomme­n. Beruhigend. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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