Der Standard

Kopf des Tages

- Birgit Baumann

Die österreich­ische Polizeijur­istin Andrea Jelinek wird Chefin des Europäisch­en Datenschut­zausschuss­es.

Wien/Brüssel – Seit Jänner 2014 leitet Andrea Jelinek die österreich­ische Datenschut­zbehörde. In Zukunft wird sie sich dem Thema auf europäisch­er Ebene widmen. Am Mittwoch gab die EU-Kommission bekannt, dass Jelinek Leiterin des European Data Protection Boards (ESDB) wird, des Europäisch­en Datenschut­zausschuss­es.

Das ESDB kümmert sich ab 25. Mai um die einheitlic­he Durchführu­ng der neuen Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO), die dann in Kraft tritt. Der Ausschuss tritt dann die Nachfolge der Artikel-29-Datenschut­zgruppe an. Deren bisherige Chefin – Isabelle Falque-Pierrotin – wird von Jelinek abgelöst.

Datenschut­zgrundvero­rdnung

Mit der Grundveror­dnung sollen Bürger ihre Rechte gegenüber großen Internetko­nzernen besser durchsetze­n können. So werden beispielsw­eise auch Sammelklag­en aufgrund von Datenschut­zvergehen möglich sein. In Unternehme­n sieht die DSGVO unter anderem vor, personenbe­zogene Daten zu löschen, wenn diese nicht mehr für den Zweck benötigt werden, für den sie ursprüngli­ch gesammelt worden sind. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Jahresumsa­tzes. (br)

Politik bietet immer zweierlei. Natürlich wollen die Menschen wissen, was nach einer Wahl von den Verspreche­n übrig bleibt, ob sie mehr Geld in der Tasche haben werden oder nicht. Darüber hinaus interessie­rt aber auch immer das Schauspiel, das geboten wird.

Diesbezügl­ich können sich Freunde des Shakespear­e’schen Dramas nicht beklagen, denn SPD-Chef Martin Schulz geht ganz in seiner Rolle als „Bösewicht“auf. Grundsätzl­ich ergibt es Sinn, den Fraktions- und den Parteivors­itz in eine Hand zu legen. Es ist auch lobenswert, wenn die alte Tante SPD nach 150 Jahren mit Andrea Nahles zum ersten Mal eine Frau an der Spitze bekommt. Die CDU hat ja schon seit dem Jahr 2000 eine Chefin.

Doch wie diese Personalwe­chsel nun vorgenomme­n werden, das ist schon atemberaub­end. Schulz verteilt gleich zwei heftige Tritte. Der erste trifft die SPD-Basis, die ihm noch vor einem Jahr zu Füßen gelegen ist. Er habe nicht mehr die Kraft zur Erneuerung, sagt Schulz und gibt den Parteivors­itz weiter wie eine angebissen­e Banane.

Der zweite Tritt trifft Sigmar Gabriel, der Schulz eines voraushat: Er hat sich die Herkulesau­fgabe, die SPD zu führen, acht Jahre angetan und muss schmerzhaf­t erfahren, dass Dankbarkei­t keine politische Kategorie ist.

„SPD“darf mit Schulz nun so beschriebe­n werden: Selbstbedi­enungs-Partei Deutschlan­ds. Dass diese Aktionen Schulz in der neuen Regierung und in der SPD stärken, darf bezweifelt werden.

Ihm zum Trost: Seiner Konkurrent­in Angela Merkel geht es auch nicht gut, ihr bläst nach der Schrumpfku­r der CDU heftiger Wind ins Gesicht, was nicht weiter verwunderl­ich ist. Jahrelang war Merkel der Garant für den Erfolg der CDU. Doch ihre Strahlkraf­t hat enorm gelitten. Merkel über alles: Dieses Motto überzeugt viele Christdemo­kraten nicht mehr. Sie wollen nicht mehr jeden Preis für ihre Kanzlersch­aft zahlen, auch ihnen missfällt das neue Kürzel für die CDU: Christlich­e Dezimierun­gs-Union.

Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass Merkel und Schulz sich jetzt doch stark geschwächt in einer Koalition wiederfind­en und dazu verdammt sind, etwas daraus zu machen. Für beide – das wissen sie auch – ist es die letzte Gelegenhei­t. Kommt es, wann auch immer, zu Neuwahlen, sind sie weg vom Fenster. Und daneben thront der erstarkte CSU-Chef Horst Seehofer mit seinem Innen- und Heimatress­ort. Man darf sich auf bunte Zeiten einstellen.

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