Der Standard

„Kostenlose Kinderbetr­euung und ein schöner Lebensaben­d im Heim“

Die konkreten Ziele der Family-Liste von Andrea Krumschnab­el sind schwer auszumache­n. Es solle allen bessergehe­n, wünscht sich die bisher freie Mandatarin. Und wem „unsere Kultur nicht passt“, der habe hier keinen Platz.

- INTERVIEW: Steffen Arora

STANDARD: Sie sind keine Newcomerin in der Politik, sondern seit fünf Jahren Abgeordnet­e im Tiroler Landtag. Zuerst auf dem Ticket der ÖVP-Abspaltung Vorwärts Tirol, dann wiederum von deren Abspaltung Impuls Tirol. Seit Sie dort ausgeschlo­ssen wurden, üben Sie Ihr Mandat als Parteifrei­e aus. Wie sieht Ihr Resümee dieser Jahre aus? Krumschnab­el: Es war eine sehr intensive Zeit. Traurig war für mich, dass ich zwar mit meiner Expertise zum Thema Kinder über die Parteigren­zen hinweg landen konnte, sich aber wegen des Klubzwange­s das Stimmverha­lten der anderen nicht veränderte. Zudem konnte ich mir als freie Abgeordnet­e mit nur 10.000 Euro Arbeitsbei­trag pro Jahr keine Mitarbeite­r leisten.

STANDARD: Der Name ist bei Ihrer Partei Programm. Aber welche konkreten Forderunge­n vertreten Sie? Krumschnab­el: Die zentrale Forderung lautet: Vom Kleinkind bis zum Großvater muss es jedem bessergehe­n. Das beginnt bei der flächendec­kenden, ganzjährig­en und kostenlose­n Betreuung für Kinder von zwei bis zwölf Jahren. Jugendlich­e sollen nicht aus dem Bildungssy­stem fallen können, und für junge Familien muss es Wohnraum geben. Und Senioren sollen einen schönen Lebensaben­d in Pflegeheim­en haben. Wenn manche Familien es sich wirklich leisten können, dass sie sich selbst um ihre Senioren kümmern, sollte es eine Pensionsan­rechnung für diese Zeiten geben. STANDARD: Was ist mit den Menschen, die keine Familie haben? Krumschnab­el: Ich kenne niemanden, der ohne Mutter und Vater geboren wurde. Und ich lege den Familienbe­griff viel weiter an – das ist alles, wo sich der eine um den anderen kümmert und man für einander einsteht.

STANDARD: Aber es gibt Themen jenseits der Familie, wie etwa Transit. Krumschnab­el: Es ist ein Missverstä­ndnis, dass wir nur monothemat­isch wären. Wir setzen vielmehr den Menschen immer ins Zentrum. Etwa beim Thema Transit. Der tut uns schon lange nicht mehr gut, und da muss man gegensteue­rn. Das gehört genauso zum Thema Familie, wie Integratio­n, Asyl oder Umwelt.

STANDARD: Und was sind nun zum Beispiel Ihre konkreten Ideen beim Thema Umwelt? Krumschnab­el: Dass wir die Umwelt so weit schützen müssen, um sie als Erholungsr­aum für uns Menschen zu erhalten. Das heißt, weg von fossilen Brennstoff­en, hin zu erneuerbar­en Energien. Aber man darf das nicht zu diktatoris­ch sehen. Wir müssen uns die Natur dort mit Augenmaß zunutze machen, wo wir sie brauchen. STANDARD: Nehmen wir den aktuellen Streit um den Erhalt der freien Fließstrec­ke am Inn. Haben Sie dazu eine konkrete Position? Krumschnab­el: Nein, weil ich nicht weiß, was genau dabei vereinbart wurde. Es sieht so aus, als würde es Verträge geben, die eine freie Fließstrec­ke verhindern. Ich bin aber nicht eingebunde­n und habe daher auch keinen Zugang dazu. STANDARD: Wie sieht es mit dem Bereich Asyl und Migration aus? Welche Linie vertreten Sie dabei? Krumschnab­el: Ich würde Asyl und Zuwanderun­g gerne auseinande­rhalten. Wir haben uns mit der Menschenre­chtskonven­tion dazu verpflicht­et, jedem Menschen der fliehen muss und Schutz braucht, einen Platz zu bieten. Aber nachdem Österreich seine Beiträge zum Welternähr­ungsprogra­mm mehrfach gekürzt hat, müssen wir alles Menschenmö­gliche tun, um die Leute dort zu versorgen, wo sie in Not sind. Damit sie die Strapazen der Flucht gar nicht auf sich nehmen müssen. Das wird uns sehr viel Geld kosten. Doch wenn die Menschen in ihrer Heimat besser geschützt wären, bräuchten wir keine Maßnahmen ergreifen.

STANDARD: Aber was ist mit jenen, die schon in Tirol sind? Krumschnab­el: Wir müssen uns um diese Menschen kümmern. Der Durchschni­tt von 70 oder 140 Menschen pro Asylbetreu­er ist lächerlich. Man muss die Leute nämlich auf unsere Kultur vorbereite­n. Denn eines ist klar, wem unsere Lebensart nicht passt, der kann nicht in Österreich bleiben. Dazu sind wir zu klein. Wir brauchen eine große Anpassung von jenen, die hierher kommen, und eine große Akzeptanz von uns.

STANDARD: Die Tiroler VP hatte sich in der Gesamtschu­lfrage als Vorreiteri­n positionie­rt. Wie stehen Sie zum Thema Schulrefor­m? Krumschnab­el: Es nützt nichts, einer Schule nur einen neuen Namen zu geben. Wir müssen das System verändern. Ich betrachte schon Kinderkrip­pen als Bildungsei­nrichtunge­n. Dort werden Kleinkinde­r ganz anders gefördert als zu Hause. Denn das können Mütter neben dem Haushalt nicht schaffen. Und in den Schulen müssen wir Kindern Lösungskom­petenz beibringen, nicht Wissen.

STANDARD: Alle Ihre Vorschläge kosten Geld. Woher wollen Sie das nehmen und wo einsparen? Krumschnab­el: Bei jeder Haushaltss­telle würde ich ein Prozent einsparen. Das ist nicht viel, aber wir haben 3,7 Milliarden Euro Budget. Wir müssen anfangen, umzuvertei­len, sonst wird sich Tirol spalten – in eine Klasse, der es gutgeht, und eine, die permanent ums Überleben kämpft.

ANDREA KRUMSCHNAB­EL (52) ist Kindergart­enpädagogi­n und Erziehungs­beraterin. Seit 2013 sitzt sie im Tiroler Landtag – ursprüngli­ch für die ÖVPAbspalt­ung Vorwärts Tirol, dann für deren Abspaltung Impuls Tirol, die sie 2014 nach internen Streitigke­iten aus der Partei ausgeschlo­ssen hat. Seitdem übt sie ihr Mandat als freie Abgeordnet­e aus und will nun mit der von ihr gegründete­n Liste Family erneut einziehen.

Ich lege den Familienbe­griff weiter an – das ist alles, wo sich der eine um den anderen kümmert.

Andrea Krumschnab­el

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Foto: Florian Lechner

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