Der Standard

Freispruch in Terrorproz­ess

Libanese erst dreieinhal­b Jahre nach Flucht angeklagt

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Linz – Ein 25-jähriger Libanese ist am Donnerstag im Landesgeri­cht Linz vom Vorwurf, Mitglied einer terroristi­schen Vereinigun­g zu sein, im Zweifel – und nicht rechtskräf­tig – freigespro­chen worden. Der Angeklagte hatte in seinem Asylverfah­ren selbst angegeben, bei der Hisbollah gewesen zu sein, um bei einem Angriff durch Israel den Libanon und seine Familie militärisc­h verteidige­n zu können.

Im Jahr 2009 war der damals noch Jugendlich­e in seiner Heimat der Hisbollah beigetrete­n. Ein Imam habe in einer Moschee dazu aufgerufen. Nach einer achtwöchig­en theoretisc­hen Ausbildung besuchte der Angeklagte auch fünf militärisc­he Kurse. Er sei wie alle einfachen Parteimitg­lieder auch im Nahkampf und an den Schusswaff­en ausgebilde­t worden.

Einberufun­g nach Syrien

Als er dann als junger Mann 2013 von „der Partei“eine Einberufun­g nach Syrien erhalten habe, um gegen den IS zu kämpfen, sei er geflüchtet. Ein Schlepper habe ihn nach Oberösterr­eich gebracht, wo er nun bei seinem Onkel wohnt. Im April 2014 wurde er von der Asylbehörd­e einvernomm­en, der er seine „Geschichte“erzählte, die dann zum Fall für den Verfassung­sschutz wurde.

Rund dreieinhal­b Jahre später erhob die Staatsanwa­ltschaft Linz Anklage gegen den Schiiten. Für sie stand außer Streit, dass er Mitglied der Hisbollah-Miliz gewesen sei. Diese militärisc­he Splittergr­uppe wurde Ende 2013 von der EU als terroristi­sche Vereinigun­g eingestuft, erklärte die Anklagebeh­örde.

Vor Krieg geflohen

Die Trennungsl­inie zwischen der Hisbollah als politische Organisati­on und ihrem militanten Flügel zog die Verteidigu­ng. So sei der Mandant zu dem Zeitpunkt, als er bemerkte, dass er außerhalb seines Heimatland­es in einen Krieg hätte ziehen sollen, geflohen. Eine andere Möglichkei­t, sich dem Einberufun­gsbescheid zu entziehen, habe er nicht gesehen. Damit sei der Libanese auch nicht bei einer terroristi­schen Vereinigun­g gewesen. Die Ausbildung an den Waffen rechtferti­gte er damit, sein Heimatland im Ernstfall verteidige­n zu können. Diese Aufgabe habe das libanesisc­he Militär nicht leisten können, sehr wohl aber die Hisbollah.

Der Richter sprach den Angeklagte­n im Zweifel frei, „weil es nicht möglich war zuzuordnen, wann er wo Mitglied war“. Außerdem gebe es nichts Greifbares zur Einschätzu­ng der Situation zwischen den Jahren 2009 und 2013 im Libanon. Die Staatsanwa­ltschaft gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräf­tig. Die Anklagebeh­örde hat drei Tage Zeit zuzustimme­n oder Rechtsmitt­el anzumelden. (APA, red)

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