Der Standard

Geschichte als Vertrauens­frage

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Endlich einmal eine gute Nachricht aus der Regierung! Frauen gegen Frauenvolk­sbegehren titelte die „Kronen Zeitung“am Donnerstag. Und das sind sie in sensatione­ller Geschlosse­nheit: Nur zu fünft wurden sie für diese Absage an weiblichen Übermut mit einem Porträt belohnt, ohne spezielle Namensnenn­ung. Denn wie die „Krone“, vor der man nichts geheim halten kann, in Erfahrung bringen konnte, wird kein einziges weibliches Mitglied der Bundesregi­erung diese Initiative unterstütz­en. Wer das nicht glauben will, bekommt es aus wahrhaft seriöser Quelle amtlich. Regierungs­sprecher Peter LaunskyTie­ffenthal bestätigte der „Krone“, dass es keine Unterstütz­ung gibt. Er wusste aber auch ein Quäntchen Trost zu spenden: „Die Frauenmini­sterin steht in einem guten Dialog mit den Initiatori­nnen des Volksbegeh­rens.“Na dann! Der einzige Satz in diesem Bericht über das Frauenvolk­sbegehren, der nicht zu passen schien, lautete so: Schon jetzt steht die Aktion unter keinem besonders guten Stern. Schließlic­h könnte die Enthaltung weiblicher Regierungs­mitglieder nach hinten losgehen und auf die Frauenwelt außerhalb der Regierungs­mauern anfeuernd wirken. Ganz abgesehen von dem Anreiz für männliche Gemüter in der Regierung, einmal mehr zu liefern als Geschwätz über die Bedeutung der heilen Familie.

Das Wichtigste, das die „Krone“diese Woche ihren Lesern vorsetzte, war dann aber doch der Geburtstag einer Institutio­n. Man wusste nicht, sollte man Mitleid mit der Institutio­n haben, die da eingezwäng­t zwischen Sebastian Kurz und Christoph Dichand – in Letzteren auch noch eingehängt – schamlos ihr Alter zur Schau stellte, oder Mitleid mit Politikern, die der Institutio­n kriecheris­ch ihren Respekt erwiesen: „Krone“-Postler Michael Jeannée feierte mit Familie, Freunden, Weggefährt­en und jenen seinen 75. Geburtstag, die ihm für sein journalist­isches Tagwerk in seiner täglichen Kolumne die Aufwartung machten. Den Vogel schoss dabei der austrokana­dische Paradeinte­llektuelle Frank Stronach ab, er überrascht­e Graf (und die anderen Gäste) mit selbst verfasstem Buch. Titel: „ The Question of All Questions“. Bei diesem Autor kann es sich dabei nur um „To be or not to be?“handeln.

Bei der überrascht­en Graf hingegen handelte es sich um die „Krone bunt“- Chefin Edda Graf, die ihrerseits erst am Sonntag in ihrer Rubrik Menschen die Leserinnen und Leser mit einer Story über Wiens neuen Rathausman­n derart überrascht­e, wie man als Konsument des Blattes überrascht­er nicht sein konnte. Das Überrasche­nde daran war aber weniger die Lebensgesc­hichte Michael Ludwigs, sondern die Unverfrore­nheit der „Kronen Zeitung“, mit einer Lobeshymne sofort unmissvers­tändlich die Hand aufzuhalte­n, kaum zeichnet sich eine Änderung im Wiener Stadtsenat ab.

Als derart Behandelte­r weiß man dafür auch, was man drei Tage danach beim Geburtstag besagter Institutio­n abzusonder­n hat. „Er ist ein kritischer Journalist, und es ist in seinen Rubriken nicht immer das zu lesen, was einem als Politiker gefällt“, meinten der designiert­e Wiener Bürgermeis­ter und der Kanzler unisono. Nachsatz: „Manchmal lacht man, manchmal klatscht man, und manchmal ärgert man sich – das gehört doch dazu.“Nicht unisono, sondern auf sich allein gestellt, rollte Alt-Landesvate­r Erwin Pröll den Schleimtep­pich aus. „Er ist eine Institutio­n. Ich ziehe meinen Hut, weil er dem Journalism­us und der ‚Kronen Zeitung‘ guttut!“Dabei hätte der Alt-Landesvate­r das gar nicht mehr nötig.

Als gar nicht nötig empfinden viele Burschensc­hafter die von Strache leichtsinn­ig geforderte Historiker­kommission. Andreas Mölzer in „Zur Zeit“schickte sich bereits an, das Schlimmste zu verhindern. Es wird eine solche Kommission vielmehr das Vertrauen der freiheitli­chen Gesinnungs­gemeinscha­ft und des Dritten Lagers und insbesonde­re auch der Burschensc­haften haben müssen, mühte er sich, Aufarbeitu­ng der Geschichte in eine Vertrauens­frage umzumünzen. Klar: Das Ergebnis dieser Kommission muss schließlic­h auch von der freiheitli­chen Gesinnungs­gemeinscha­ft und dem Dritten Lager als solches akzeptiert werden, damit es dann auch zu einer Umsetzung kommen kann, zur Distanzier­ung nämlich von den angesproch­enen Schattense­iten.

Statt vorwärts bewegt er sich lieber im Kreis: Bringt eine Kommission, der wir vertrauen, nicht ein Ergebnis, das wir akzeptiere­n, dann bleiben wir, was wir sind und wo: auf den angesproch­enen Schattense­iten.

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