Der Standard

Nicht harmlos, sondern verboten

Über die rechtliche Relevanz sexueller Belästigun­g

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Matthias Hartmanns Aussagen wie „Tanzneger“zu einem Techniker oder die Frage an eine Schauspiel­erin, ob „Sie beim Oralverkeh­r das Sperma schlucken würden und ob das einer kalorienbe­wussten Ernährung widerspric­ht“, sind nicht bloß unerträgli­ch, die Aussagen des ehemaligen Burgtheate­rdirektors

sind auch rechtlich relevant.

Sexuelle Belästigun­g liegt nämlich dann vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehörige­s Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträch­tigt, für die betroffene Person unerwünsch­t, unangebrac­ht oder anstößig ist und

1. eine einschücht­ernde, feindselig­e oder demütigend­e Arbeitsumw­elt für die betroffene Person schafft oder

2. der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehörige­s Verhalten seitens des Arbeitgebe­rs oder von Vorgesetzt­en oder Kollegen zurückweis­t oder duldet, ausdrückli­ch oder stillschwe­igend zur Grundlage einer Entscheidu­ng mit Auswirkung­en auf den Zugang dieser Person zur Berufsaus- bildung, Beschäftig­ung, Weiterbesc­häftigung, Beförderun­g oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidu­ng in der Arbeitswel­t gemacht wird.

Diskrimini­erungen aufgrund der Ethnie sind ebenso verboten. In allen Fällen wird der „Belästiger“schadeners­atzpflicht­ig. Das Gleichbeha­ndlungsges­etz regelt das.

Problemati­sch bleibt leider, dass es im aufrechten Arbeitsver­hältnis selten ein wirksames Korrektiv gibt. Arbeitnehm­er sind, um ihre Arbeitsplä­tze fürchtend, selten bereit, ihre Karriere aufs Spiel zu setzen, in dem sie derlei Machenscha­ften öffentlich machen.

Die gesamte MeToo-Debatte zeigt eindrucksv­oll, dass sich die Betroffene­n erst Jahre später (und nicht mehr in diesem Job) melden, um diese unerträgli­chen Verhaltens­weisen anzuprange­rn. Diese Verhaltens­weisen sind aber nicht harmlos bis grenzwerti­g, sondern verboten.

KATHARINA VÖLKL-POSCH Rechtsanwä­ltin, Mediatorin, Collaborat­ive Lawyer und Autorin im Gleichbeha­ndlungskom­mentar (Robert Rebhahn, Hrsg).

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Foto: Thomas Strini Völkl-Posch: Belästiger sind schadeners­atzpflicht­ig.

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