Der Standard

Einkommens­checks im sozialen Wohnbau

Ein Lokalaugen­schein in einem Gemeindeba­u

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Wien – Die Immobilien­wirtschaft wünscht sich schon lange die Gehaltsche­cks im sozialen Wohnbau und untermauer­t das immer wieder mit dem Verweis auf Onlinemein­ungsumfrag­en, die zeigen würden, dass auch die Mehrheit der Österreich­erinnen und Österreich­er dafür ist.

Am Margareten­gürtel im fünften Bezirk thront mit dem Metzleinst­aler Hof der älteste Gemeindeba­u der Stadt. Die türkis-blauen Pläne, künftig mittels Einkommens­checks und regelmäßig­er Mietzinsan­passungen mehr Gerechtigk­eit im sozialen Wohnbau sicherzust­ellen, kommen hier bei einem Standard- Lokalaugen­schein aber nicht gut an.

„Die sind ein bissl deppat“, urteilt eine Bewohnerin, die als Verkäuferi­n arbeitet, mit ihrer Zigarette in der Hand beim Sprechen wild gestikulie­rt und lieber über die Schimmelpr­obleme in ihrer Wohnung reden würde. „Die Politiker sollten mal mit dem Gehalt von uns kleinen Leuten auskommen, anstatt uns noch mehr zu kontrollie­ren“, sagt sie.

Größerer Aufwand

Dass die neue Regierung mit der geplanten Maßnahme auf Menschen mit einem höheren Einkommen abzielt, können auch zwei weitere Bewohner des 1920 fertiggest­ellten Wohnbaus nicht so ganz glauben: „Besserverd­iener bei uns im Gemeindeba­u? Wenn man es sich leisten kann, zieht man doch in eine Eigentums- oder in eine Genossensc­haftswohnu­ng“, ist eine Frau überzeugt.

Auch der Aufwand, der hinter dem regelmäßig­en Nachweisen des Einkommens steht, stört sie. „Das ist eine Gemeinheit“, sagt sie noch, bevor sie mit ihrer Begleitung weiterzieh­t. Ähnlich sieht das ein älterer Mann mit tief ins Gesicht gezogenem blauem Kapuzenpul­lover, der im nahen Matteottih­of wohnt. Eigentlich, so erzählt er im Gespräch mit dem Standard, sei er heute nicht ganz fit und müsse schnell wieder nach Hause. Über die Politik will er dann aber trotzdem reden: „Die, die im Gemeindeba­u wohnen, haben ja eh nix“, kritisiert er – und findet daher die Einkommens­checks ebenfalls unnötig. Vor allem, weil sie nur in eine Richtung abzielen: „Wenn ich arbeitslos werde, muss ich dann plötzlich nurmehr 100 Euro Miete zahlen? Das wäre ja dann fair.“(zof)

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