Der Standard

Die ÖBB kommt nicht zur Ruhe

In den nächsten zwei Jahren reift im ÖBB-Konzern ein Dutzend Vorstandsv­erträge ab, die es zu besetzen gilt

- Luise Ungerboeck

Wien – Die Ruhe, die Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) für den ÖBB-Konzern von Abberufung und Neubestell­ung des ÖBB-Holding-Aufsichtsr­ats erhofft, dürfte so bald nicht einkehren. Denn nach der offizielle­n Installier­ung des neuen ÖBB-Kontrollgr­emiums in der außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung am Freitag geht es erst richtig los mit der Unruhe. Der Grund: In den kommenden zwei Jahren reift gut ein Dutzend Vorstands- und Geschäftsf­ührermanda­te in diversen Konzernges­ellschafte­n ab.

Die Freiheitli­chen können also aus dem Vollen schöpfen. Bereits am Radar hat die neue ÖBB-Aufsicht, die sich erst am 4. März konstituie­ren und der ÖBB-Auskenner und Ex-Vorstandsd­irektor Arnold Schiefer vorstehen wird, die ÖBB-Personenve­rkehr AG. Praktische­rweise laufen zwei der drei Verträge des Vorstandst­rios Evelyn Palla, Valerie Hackl und Siegfried Stumpf Ende November ab. Dass Hackls Vertrag verlängert wird, gilt in Kreisen des Neo-Aufsichtsr­ats als „denkunmögl­ich“, war sie doch vor ihrer Bestellung im Herbst 2015 Strategiec­hefin und davor Assistenti­n von ÖBBChef Christian Kern, der den ÖBB-Tower wenig später Richtung Bundeskanz­leramt verließ.

Finanzerin Palla war in der EWirtschaf­t, ehe sie Leiterin Einkauf der ÖBB wurde und in den Vorstand aufstieg, wo sie für Finanzen und Verkehrsdi­enstverträ­ge verantwort­lich zeichnet.

Für Bahn und Ministeriu­m sind die zwei Posten von großer Wichtigkei­t, sind bis 2019 doch die sogenannte­n Verkehrsdi­enstverträ­ge (VDV) zu erneuern, mit denen der Öffentlich­e Nah- und Regionalve­rkehr finanziert und sichergest­ellt wird. Das finanziell­e Volumen ist beachtlich, über eine Laufzeit von zehn Jahren werden mehr als sechs Milliarden Euro bewegt – die Finanzieru­ng von Rollmateri­al für die ÖBB ist da noch nicht mitgerechn­et.

Angesichts der Hast, die der neue politische Eigentümer­vertreter bei der Umfärbung des Aufsichtsr­ats an den Tag legte – Abberufung­en ohne Entlastung wie jene von Ex-Siemens-Chefin Brigitte Ederer gab es in Österreich im Gefolge eines Regierungs­wechsels noch nie –, bestehen Zweifel, dass am Wiener Hauptbahnh­of auch vorzeitige Abberufung­en Thema sein könnten.

Das könnte einen weiteren Vertrauten von SPÖ-Klubobmann Kern treffen: Eric Regter. 2010 vom Verbund in der ÖBB-Güterspart­e Rail Cargo Austria (RCA) gehievt, läuft Regters Mandat bis 14. Februar 2019. die Suche nach einem Nachfolger kann also beginnen, sofern der Posten nicht eingespart wird.

Ein breites Betätigung­sfeld bietet insbesonde­re der Teilkonzer­n ÖBB-Infrastruk­tur mit seinen Immobilien und dem milliarden­schweren Bahnausbau­programm. Im Aufsichtsr­at des für Bahnbauund Betrieb zuständige­n Teilkonzer­ns wird künftig FPÖ-Urgestein Gilbert Trattner nach dem Rechten sehen – der STANDARD berichtete exklusiv. Trattner war unter Schwarz-Blau I bereits ÖBB-Infrastruk­tur-Chef (und bis 2013 im Sold der ÖBB), er kennt die ÖBB und das von Blauen bevorzugte Gebiet Immobilien sehr gut.

Auch hier gibt es „rote Auslaufmod­elle“im Management, allen voran Alteisenba­hner Franz Seiser. Die frühere Arbeiterkä­mmerin Silvia Angelo (Vertrag bis Februar 2019), steht laut ÖBBRechtsv­erbindern quasi von Amts wegen auf der Abschussli­ste.

Wie viel das FPÖ-Parteiprog­ramm, in dem Proporzbes­etzungen verteufelt werden, wert ist, bleibt abzuwarten. Beim Konzernauf­sichtsrat war es angesichts blauer Urgesteine wie Ex-Ministerin Monika Forstinger und Ex-Klubobmann Norbert Gugerbauer nicht viel. Unbestitte­n ist einzig ÖBBKonzern­chef Andreas Matthä, ihm vertraut der präsumtive Präsident Arnold Schiefer. Finanzchef Josef Halbmayerr sitzt auf einem ÖVPTicket und wird Ende 2020 in Pension gehen.

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Stehen ganz oben auf der Abschussli­ste der neuen Machthaber: Evelyn Palla (links) und Valerie Hackl vom ÖBB-Personenve­rkehr.

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