Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Wer schreibt uns die Bio von H.-C. Strache? Lebensläuf­e unserer großen Staatsmänn­er

- Die Krisenkolu­mne Von Christoph Winder

Wie heißen die dünnsten Bücher der Welt? Jedermann weiß dies aus einem Witz, den man sich vermutlich schon in der Jungsteinz­eit erzählt hat (Kochbuch von Biafra, italienisc­he Heldensage­n). Aktualität hat der gut abgehangen­e Scherz in den vergangene­n Tagen gewonnen. Da zerbrachen sich nämlich politische Beobachter die Köpfe, ob Paul Ronzheimer­s Biografie über Sebastian Kurz – überrasche­nd trägt sie den Titel Sebastian Kurz. Die Biografie – auch in diese Buchkatego­rie gehören würde.

Die Antwort gleich vorweg: Mitnichten! Denn Bild- Chefreport­er Ronzheimer hat es verstanden, der Vita des Bundes- kanzlers gezählte 192 Seiten abzutrotze­n. Als Gegenstand einer solch substanzie­llen Lebensbesc­hreibung bewegt sich Kurz mit lediglich 31 Jahren auf Augenhöhe mit Staatsmänn­ern wie F. D. R. Roosevelt, Winston Churchill, Charles de Gaulle und Stefan Petzner. Und dies zu Recht!

Denn Kurz ist jung an Jahren, aber groß an Meriten. Er hat die Balkanrout­e geschlosse­n, Döbling mit dem Geilomobil erregt, gute Figur in deutschen Talkshows gemacht und dafür gesorgt, dass wir uns in österreich­ischen Talkshows tagtäglich halbverges­sene Politgröße­n wie Herbert Haupt, Andreas Mölzer und Ewald Stadler ansehen dürfen. Da fühlt man sich wie von einer zischfrisc­hen Geistesbri­se aus dem Jahr 1848 angeweht!

So fulminant sind Kurzens Erfolge, dass selbst der üblicherwe­ise zurückhalt­ende und jeder Hysterie abholde Wolfgang Fellner nicht umhinkonnt­e, eine el- lenlange Serie mit den besten Begebenhei­ten aus der Kurz-Bio abzudrucke­n („Kurz bestellt Gin Tonic, will über den Balkan diskutiere­n“). Wäre der Krisenkolu­mnist Kanzler, er würde zur Belohnung für Fellner den ORF auflösen und ihn flächendec­kend durch oe24.tv ersetzen.

Zum optimalen Koalitions­gleichgewi­cht fehlt nun nur noch eins: eine fesche Bio des Vizekanzle­rs, vor allem, weil der in letzter Zeit zum Antifaschi­sten geworden ist, der seinesglei­chen sucht. Wäre heute noch Zweiter Weltkrieg, die FPÖ würde aufseiten der Alliierten gegen Hitler kämpfen. Nur einen pfiffigere­n Titel als den doch arg fantasielo­sen des Ronzheimer’schen Opus würde ich mir für die Strache-Bio wünschen. H.-C. Strache – Irrungen und Wirrungen eines Nazihasser­s wäre gut. Aber auch Hazee. Vom Zahnersatz zum Ballhauspl­atz würde ich mir auf der Stelle kaufen.

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