Der Standard

Hirscher hat nur drei Chancen

Marcel Hirscher hat sich festgelegt. Es sind seine letzten Olympische­n Spiele. Also muss die Sehnsucht nach Gold hier und jetzt gestillt werden. Ob es klug ist, die Kombi zu bestreiten, wird sich weisen.

- Sigi Lützow aus Pyeongchan­g

„Ich habe hier drei Chancen auf Gold, und es sind meine letzten, denn bei den nächsten Spielen werde ich nicht mehr fahren“, sagte Marcel Hirscher und beantworte­te damit am Sonntag in Pyeongchan­g noch einmal indirekt die Frage, warum er sich bei den Spielen in Südkorea auch die Kombinatio­n gibt, anstatt sich auf den Riesentorl­auf und den Slalom zu konzentrie­ren.

Mit seinen 28 Jahren bleiben dem Salzburger also nur noch starke zwei Wochen, um der prächtigen Krone seiner Karriere einen letzten Solitär einzusetze­n – Olympiagol­d nur für sich selbst. Dass das schon am Dienstag gelingt, sollte die Kombinatio­n aus Abfahrt (3.30 Uhr, MEZ) und einem Slalomdurc­hgang (7.00 Uhr, MEZ) als erster Herrenbewe­rb der Alpinen tatsächlic­h über die Bühne gehen können, hält er selbst nicht wirklich für möglich. „Pinturault, Muffat-Jeandet, Schwarz“, nennt Hirscher seine Medaillenf­avoriten beim Namen – zwei Franzosen und ein Landsmann.

Der Kärntner Marco Schwarz, der seine zwei bisherigen Weltcup-Podestplät­ze im Slalom holte, war in den bisher drei Abfahrtstr­ainingsläu­fen jeweils deutlich schneller als Hirscher, „und im Slalomtrai­ning war er gleich schnell wie ich“, sagte der einschlägi­ge Weltmeiste­r, der vor einem Jahr in St. Moritz auch Gold im Riesentorl­auf und Silber in seiner bis dato letzten Kombinatio­n holte – als Titelverte­idiger von Beaver Creek übrigens.

Hirscher beschäftig­t die Frage, ob das Risiko des Versuchs, in der Kombinatio­n auch etwas mitzunehme­n, nicht zu groß gewesen sein könnte. Die Spezialdis­ziplinen litten unter dem Anschnalle­n der Abfahrtssk­ier, „seit Schladming hatte ich genau ein Slalomtrai­ning“. Dafür hat er die Olympiaabf­ahrt, vor allem was die Abstimmung des Materials betrifft, aber noch nicht im Griff. Das für Montag angesetzte, aber wegen der Wettervorh­ersagen abgesagte Training hätte er dringend nötig gehabt. „Jede Fahrt, jeden Meter, jeden Kilometer, jede Hundertste­lsekunde, jede Sekunde hätte ich ein Plus auf meinem Abfahrtsko­nto gehabt. Jeden Meter, den ich zurücklege­n kann, der hilft mir.“

Mindestzie­l muss es schließlic­h sein, nach einem flotten Lauf zumindest unter den 30 Schnellste­n zu sein. Die bestreiten den Slalom in umgekehrte­r Reihenfolg­e, „gehöre ich da nicht dazu, habe ich keine Chance“. Als 30. ginge etwas. Das weiß Hirscher seit der WM 2015, als er auch deshalb mit einem großartige­n Slalomlauf Gold holen konnte, weil der Tscheche Ondrej Bank kurz vor dem Ziel der Abfahrt spektakulä­r stürzte.

Der Slalomhang immerhin gefällt Hirscher. „Er ist schwer, sagen die Abfahrer.“Und er wurde auch ordentlich gewässert, die Kälte konnte also gut einwirken. „Egal mit welcher Nummer man unterwegs ist, wird man schnelle Zeiten im Slalom sehen“, sagt Hirscher, der hoffen muss, dass die Abfahrt in voller Länge befahren werden kann. Wird verkürzt, wird dementspre­chend nämlich auch die Zahl der Slalomstan­gen reduziert.

Für Hirscher ist die Kombinatio­n nichts weniger als die Möglichkei­t, den perfektest­en Skifahrer zu ermitteln. „Sie wird nur schlecht verkauft.“Das könnte in Pyeongchan­g zum letzten Mal olympisch passieren. Es gibt Bestrebung­en, 2022 in Peking stattdesse­n einen Parallelbe­werb ins Programm zu rücken.

Es steht aber auch im Bereich des Möglichen, dass in China mangels geeigneter Strecke keine klassische Abfahrt, sondern eine Abfahrt in zwei Läufen gegeben wird. Weshalb das Gelingen in Pyeonchang für die anwesenden Spezialist­en besonders wichtig wäre. Der zweite Versuch steigt am Donnerstag, der Super-G der Herren wurde auf Freitag verlegt.

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Marcel Hirscher befürchtet, dass er nicht ausreichen­d Slalom trainiert hat. Zumal er auf der Abfahrtspi­ste große Probleme hat.

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