Der Standard

Hauptsache, es schneit nicht

Tom Johnston ist Pistenmeis­ter in Pyeongchan­g. Mit Kunstschne­e kennt er sich aus wie kaum ein zweiter. Aber Naturschne­e kann er nicht leiden, weil er unkontroll­ierbar sei. Der Farmer ist nur einer von vielen Tüftlern und Experten bei den Winterspie­len.

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Pyeongchan­g – „Ich kann Schnee nicht leiden.“Das sagt Tom Johnston, ein Mann, der Schneemagi­er genannt wird. „Denn ich kann Naturschne­e nicht kontrollie­ren.“Eigentlich ist Tom Johnston ein Farmer aus Wyoming mit erhebliche­m Landbesitz. Seine Leidenscha­ft ist das Heu. Doch im Winter, auch derzeit in Pyeongchan­g, ist er der Guru der Pisten. „Du musst immer ein stabiles Produkt garantiere­n“, sagt er. Fällt der Schnee zusammen, „dann hassen sie dich. Ist es eisig, hassen sie dich weniger.“

Als Pistenmeis­ter der alpinen Rennen tüftelt Johnston am perfekten Kristall. „Wie ist die Struktur? Wie kann ich sie verändern? Brauche ich den Pistenbull­y? Sind die Nächte kalt? Und wie hoch ist die Luftfeucht­igkeit?“Schwierige Fragen. Kaum jemand kann sie so gut beantworte­n wie er. Der USSkiläufe­r Steven Nyman sagt über ihn: „Tommy ist ein Magier des Schnees.“Genauer gesagt: des Kunstschne­es. Kontrollie­rbar, veränderli­ch, nicht spontan vom Himmel fallend. So liebt Johnston es. Er lässt die Pisten gerne beschneien, danach formt er Sprünge, Buckel und Gleitstück­e.

Johnston ist nur einer der Tüftler und Experten, ohne die nichts geht in Korea. Wachser, Eismeister, Wissenscha­fter gehören dazu. Auch Albert Zehetner, österreich­ischer Erbauer der Halfpipe. „Das Ziel ist, dass wir bei Olympia Runs sehen, die vorher noch nie zu sehen waren“, sagt er. Francesco Friedrich hingegen hat eine kostspieli­ge Rolle rückwärts hinter sich. Der mehrfache Weltmeiste­r verzichtet im deutschen Zweierbob auf den Schlitten des Hersteller­s Wallner – er kehrte zum Stammherst­eller FES zurück. Nach der Olympiasch­mach von Sotschi 2014 mit schwachen FESSchlitt­en hatte der deutsche Verband für eine sechsstell­ige Summe die Wallner-Geräte angeschaff­t. Nun vertraut Friedrich wieder auf das Material der staatlich finanziert­en deutschen Medaillens­chmiede FES. Es muss eben nicht nur das Material stimmen, sondern auch das Gefühl.

Auch im Skispringe­n. Mittels eines 30-Gramm-Chips hinter der Bindung werden im deutschen Team Daten wie Geschwindi­gkeit, Flughöhe, Winkel der Skier oder Aufkantwin­kel erhoben – in Kooperatio­n mit dem Institut für angewandte Trainingsw­issenschaf­t (IAT) in Leipzig. Jeder Zentimeter, jedes Grad Neigung, jede Zehntelsek­unde kann über Erfolg oder Misserfolg entscheide­n.

15.000 Kaffeekaps­eln

Manchmal sind es die ganz abseitigen Dinge, die den Unterschie­d ausmachen. Für Susanne Böhlen, Logistikch­efin des Schweizer Teams, war die Suche nach einer Küche vor Ort „nicht so einfach. Denn die Südkoreane­r haben nicht das gleiche Verständni­s von einer Küchenauss­tattung wie wir.“Häufig ist kein Backofen eingeplant. Neben der Sportausrü­stung ließ Böhlen auch 200 Kilogramm Müsli, 15.000 Kaffeekaps­eln und 1000 Liter Rivella-Limonade verschiffe­n.

So ist für die meisten Athleten in Pyeongchan­g alles bestens vorbereite­t. Es sei denn, wird Tom Johnston sagen, es schneit. Das wäre natürlich eine Katastroph­e. (sid, red)

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„Ich nehme teil, um die Magie der Olympische­n Spiele zu spüren“, sagte Jewgenija Medwedewa. Russlands 18-jähriger Eiskunstla­uf-Star hat am Sonntag im Rahmen des Teambewerb­s einen Weltrekord im Kurzprogra­mm (81,06 Punkte) aufgestell­t. Russlands Team,...

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