Der Standard

Flachland, Intensivst­ation, Bronze

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Kieferbruc­h. Milzriss. Gebrochene­r Arm. Rippenbrüc­he. Beckenbruc­h. Lungenkoll­aps. „Ich dachte, ich würde sterben“, sagt Mark McMorris. Der 24-jährige Snowboarde­r hat überlebt, am Sonntag gewann er im Slopestyle die Bronzemeda­ille.

Vor elf Monaten war ein südkoreani­sches Olympia-Podium noch weit, weit weg, damals, als der Kanadier McMorris in Whistler gegen einen Baum geprallt war und im blutigen Schnee lag. Im Kreis seiner Freunde übergab er sich und dachte nur noch ans Überleben – und daran, nie wieder Snowboarde­n zu können.

Nach eineinhalb Stunden kam der Helikopter, McMorris wurde bewusstlos und wachte erst im Spital wieder auf. Vom Krankenbet­t gibt es ein Foto: Halskrause, Beatmungsm­aske, Verbände, Infusion, EKG-Kabel, der Patient sieht aus wie jemand, dessen Leben vor kurzem per Notoperati­on gerettet wurde, eben aussieht.

Schon elf Tage vor den Winterspie­len 2014 hatte sich McMorris eine Rippe gebrochen und trotzdem Bronze geholt, seitdem trägt der gute Bekannte des kanadische­n Präsidente­n Justin Trudeau den Spitznamen „McRib“. Auch einen Oberschenk­elbruch überstand er, die Reha nach seinem gemäß Eigenaussa­ge „verrückten“Unfall war freilich härter, McMorris gibt freimütig zu: „Ich habe sie gehasst.“

„Es war ein sehr steiniger Weg, das steht mal fest“, sagte McMorris. „Es fühlt sich super, super gut an, überhaupt hier zu sein. Und dann noch auf dem Podium.“

Neben dem Sieger Redmond Gerard, mit 17 Jahren und 227 Tagen zweitjüngs­ten Winter-Olympiasie­ger aller Zeiten, wirkte McMorris gleich noch älter. „Es ist verrückt, was mein Körper geschafft hat“, sagte McMorris schon vor den Spielen. „Aber es ist noch verrückter, was harte Arbeit und Fokus auf die Physiother­apie schaffen können.“

Der Mann aus Regina (Saskatchew­an) hat auch abseits der Notaufnahm­e viel erlebt. Seit 2012 hat er sieben X-Games-Goldmedail­len gewonnen – vor allem angesichts seiner Herkunft eine bemerkensw­erte Ausbeute.

Regina hat in etwa das Höhenprofi­l des Neusiedler­sees, es ist keine Snowboardh­ochburg. Der junge McMorris pflegte seine Leidenscha­ft auf einem rund 90 Meter hohen Hügel mit Schlepplif­t. „Sieben Minuten rauf, 30 Sekunden runter.“Mit seinem großen Bruder Craig sammelte er Schnee auf Parkplätze­n und baute daraus zu Hause Rampen. Die Hingabe zahlte sich aus, auch Craig ist Snowboardp­rofi.

„Im Sommer ist Saskatchew­an der schönste Ort, im Winter der schlimmste“, sagt McMorris, seiner Heimatprov­inz hält er mit einem Tattoo einiger Getreideäh­ren die Treue. Martin Schauhuber

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Foto: APA/AFP/Soriano Vor elf Monaten dachte Mark McMorris nicht an Olympiamed­aillen.

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