Der Standard

Vergoldete­r Grusel

KLIMT- KOMMERZ UND BEMÜHTE KLISCHEES

- Anne Katrin Feßler

Zuckersüß und oben ein Fuzerl Blattgold drauf. Ganz egal ob Praliné oder Porzellan-Nippes – das Rezept für die Vermarktun­g von Gustav Klimt ist deppeneinf­ach. Dabei ist die güldene Phase des Fin-de-Siècle-Malerstars gar nicht so ausschweif­end lang. Sie flackert 1898 mit der goldgerüst­eten Pallas Athene auf und geht 1908/09 mit Klimts Selfie-Kulisse – dem Kuss – zu Ende. Um solche Details soll es gar nicht gehen in Thomas Machos 2011 (also kurz vor dem letzten großen Klimt-Jubiläum 2012) produziert­er und heute (ORF 2, 23.30 Uhr) wiederholt­er TV-Doku Ein Kuss macht Kasse – Klimt zwischen Kunst und Kommerz.

Eher schon darum, dass der Kuss für Merchandis­ingprodukt­e der kommerziel­le Booster ist: Drum ziert die zärtliche Pose Goldlurexp­ölster ebenso wie Hundemänte­lchen oder Bleistifte. Sogar hineinrotz­en kann man, wenn man das Näschen in die auf Zellstoff gedruckte innige Umarmung hüllt. Ob solcher Kitsch weniger gruselig ist, je mehr Aufwand drinsteckt?

In einer Werkstätte, die auch Porzellank­atzen, -hunde und -engel fertigt, werden aus den Gemälden dreidimens­ionale Figuren. Wie Disney-Prinzessin­nen wirken diese „Interpreta­tionen“, die man glaubt (die unterlegte Musik macht sicher), schon oben am Fernsehkas­tl einer/s Amoursuche­nden in Liebesg’schichten und Heiratssac­hen gesehen zu haben.

Der Sendung dienen Interviewp­artner leider oft als Lachnummer­n: Vorgeführt werden Pensionist­innen im KlimtSenio­renheim oder der Guide am Attersee (musikalisc­h zünftiger mit Posaunen untermalt!): Letzterer verrät das Geheimnis von Gustavs Erfolg: „Wenn man verliebt ist, dazu die Natur hat, dann kommen Bilder ’raus, die heute Millionen kosten.“pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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