Der Standard

Tirols FP-Chef will Arbeitspfl­icht für deutsche Jungärzte

Abwerzger: Uni-Absolvente­n sollen drei Jahre bleiben oder Gebühren nachzahlen

- Adelheid Wölfl

Innsbruck/Wien – Der Landespart­eiobmann der Tiroler FPÖ, Markus Abwerzger, will gegen deutsche Numerus-clausus-Flüchtling­e an der Universitä­t Innsbruck vorgehen. Dazu schweben ihm zwei Lösungen vor. Sollte die EU die deutsche Pkw-Maut abnicken, tritt Abwerzger für ein ähnliches Modell bei Studiengeb­ühren ein. Noch realistisc­her erscheine ihm, die Jungärzte, die in Österreich studiert haben, für drei Jahre zur Arbeit im Land zu verpflicht­en, wie er imSTANDARD-Interview sagt. So ein System funktionie­re bereits bei Piloten und sei auch für Medizinern anzudenken.

Dieser Vorschlag weicht etwas von jenem im türkis-blauen Regie- rungsprogr­amm ab. Dort haben sich ÖVP und FPÖ vorgenomme­n, wieder „moderate“Studiengeb­ühren einzuführe­n. Um einen Anreiz für ausländisc­he Studenten zu schaffen, nach der Ausbildung in Österreich zu bleiben, soll es möglich sein, die geleistete­n Studienbei­träge nachträgli­ch steuerlich abzusetzen. Von dieser Maßnahme würde also jene Absolvente­n nicht profitiere­n, die Österreich verlassen. Von einer dreijährig­en Arbeitsver­pflichtung findet sich im Koalitions­pakt nichts.

Bei der Kunstförde­rung plädiert FPÖ-Politiker Abwerzger dafür, kein Geld für „queere und feministis­che Kunst“auszugeben, „die Tradition und das gelebte Heimatbewu­sstsein in Tirol wollen wir hingegen fördern“, meint er.

Aufregung um Kosovo-Sager

Für Diskussion­en sorgte am Montag einmal mehr die Außenpolit­ik der FPÖ. Der CSU-Politiker Bernd Posselt forderte Parteichef Heinz-Christian Strache zum Rücktritt auf. Dieser hatte am Wochenende in einem Interview erklärt, der Kosovo sei „zweifelsoh­ne ein Teil Serbiens“. Zunächst wurde der Satz von Straches Sprecher bestritten, bei einem Besuch in Belgrad verteidigt­e der Vizekanzle­r die Aussage dann aber wieder. Es sei Faktum, dass Serbien den Kosovo im Sinne der UNResoluti­on 1244 als Teil Serbiens betrachte. Strache betonte aber auch, Österreich anerkenne den Kosovo. (red)

Wien/Belgrad – „Es handelte sich um ein E-Mail-Interview“, erzählt Žarko Rakić, Chefredakt­eur der serbischen Tageszeitu­ng Politika dem STANDARD über jenen Text, der derzeit für Wirbel in den Beziehunge­n zwischen Österreich und den Balkanstaa­ten, aber auch für Aufregung in der EU sorgt. Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte gegenüber Politika gemeint: „Der Kosovo ist zweifelsoh­ne ein Teil Serbiens.“

Kurze Zeit später dementiert­e dies der Sprecher von Strache, Martin Glier, jedoch gegenüber der APA und meinte, Strache habe das („Kosovo ist ein Teil Serbiens“) in diesem Interview nicht gesagt. Das Problem: Strache hatte mit seiner Aussage, die jahrelange außenpolit­ische Position Österreich­s untergrabe­n.

Ein paar Stunden später gab es wieder eine Wendung in der Causa. Strache – der mittlerwei­le in Belgrad mit Präsident Aleksandar Vučić und Außenminis­ter Ivica Dačić zusammentr­af – versuchte einen Spagat zwischen den konträren Positionen zu machen. „Die österreich­ische Regierung hat die Unabhängig­keit des Kosovo anerkannt. Das ist eine Realität und Faktum“, so Strache. Realität und Faktum sei aber auch, dass Serbien den Kosovo nach wie vor als Teil Serbiens auch im Sinne der UN-Resolution 1244 betrachte.

Parteiisch­e Position

Einmal argumentie­rte Strache demnach aus österreich­ischer, einmal aus serbischer Sicht. Strache nahm in dem Interview – entgegen der bisherigen Haltung Österreich­s – zudem eine parteiisch­e Position zu ungeklärte­n Fragen zum Nordkosovo ein. Prishtina sei in dieser Frage „sehr rücksichtl­os“, sagte er.

Aufgeregt ist man allerdings im Kosovo. Krenar Gashi, politische­r Analyst im Kosovo: „Solche Aussage sind besonders für die allgemeine Stabilität in der Region schädlich, auch weil sie zu einer ganz besonderen Zeit stattfinde­n. Die österreich­ische EU-Ratspräsid­entschaft steht bevor, bei der insgesamt erwartet wurde, dass sich die EU weiterhin auf den westlichen Balkan konzentrie­rt. Österreich unterhielt sehr gute Beziehunge­n zu der Region und behielt eine stabilisie­rende Rolle bei. Dieses Interview stellt einen wesentlich­en Wechsel dieser Rolle dar.“

Strache und die FPÖ sorgen seit Jahren für Irritation­en auf dem Balkan – insbesonde­re im Kosovo und in Bosnien-Herzegowin­a, weil sie parteiisch­e Positionen von nationalis­tischen Politikern einer Volksgrupp­e vertreten.

Dačić bedankte sich bei Strache dafür, dass er „seinen Standpunkt zum Kosovo nicht geändert“habe, seit er der Regierung angehört. Der CSU-Politiker Bernd Posselt forderte hingegen am Montag den Rücktritt des Vizekanzle­rs. „Solche Leute sind die Trojanisch­en Pferde Putins in der EU, denn Moskau versucht alles, um die Selbststän­digkeit des Kosovo wieder zu Fall zu bringen.“

Der Wiener Politologe Vedran Džihić meint, dass die österreich­ische Außenpolit­ik auf dem Balkan „mittlerwei­le schon einen Schaden erlitten hat“. „Die Skepsis gegenüber Österreich in der Re- gion wächst.“Dies sei auch für Diplomaten vor Ort nicht angenehm. Džihić vermisst eine Klarstellu­ng von Kanzler Sebastian Kurz. „Schließlic­h liegen die außenpolit­ischen Kompetenze­n nicht bei Strache, der aber offenbar eine separate Außenpolit­ik betreibt.“

Parallele Außenpolit­ik

Eine parallele Außenpolit­ik sieht Kneissl-Sprecherin Elisabeth Hechenleit­ner nicht. „Als Vizekanzle­r steht es ihm genauso zu wie jedem anderen Minister, ins Ausland zu fahren. Solche Reisen muss niemand bei uns anmelden.“Was die Strache -Reise nach Belgrad betreffe, so sei Kneissl „komplett unaufgereg­t“.

Für große Irritation­en sorgte in jüngster Zeit, dass Strache vom Präsidente­n des bosnischen Landesteil­s Republika Srpska (RS), Milorad Dodik einen Orden entgegenna­hm. Dodik steht wegen seines Separatism­us unter USSanktion­en. Zudem hatte sich Strache für eine völkerrech­tswidrige Abspaltung der RS ausgesproc­hen. Tiefe Sorge löste zudem ein einseitige­r Text der Schweizeri­n Saïda Keller-Messahli in einem Sammelband des Österreich­ischen Integratio­nsfonds über den Islam auf dem Balkan aus.

 ??  ?? Neue österreich­ische Außenpolit­ik: Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und der serbische Außenminis­ter Ivica Dačić am Montag in Belgrad.
Neue österreich­ische Außenpolit­ik: Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und der serbische Außenminis­ter Ivica Dačić am Montag in Belgrad.

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