Der Standard

„Wir wissen immer genau, was wir tun“

Die Freiheitli­chen wollen in Tirol an die Macht. Dort würde Spitzenkan­didat Markus Abwerzger Kulturförd­erung großteils abschaffen und gegen Numerus-clausus-Flüchtling­e vorgehen. Den Brenner will er nicht schließen.

- INTERVIEW: Steffen Arora

STANDARD: Ihr Wahlkampf hat über die Landesgren­zen für Aufsehen gesorgt. Würden Sie sagen, da ging was daneben, oder war das gewollt?

Abwerzger: Um hier ein STANDARD - Zitat zu verwenden: Wir wissen immer genau, was wir tun. Im Wahlkampf ist es auch Ziel, aufzufalle­n, um im Spiel zu bleiben. Wir haben bei den Firmenplak­aten reagiert, um Streit zu vermeiden. Aber wir würden es wieder machen. Und was die Trommler betrifft, das ist dieser Reflex, der mir nicht passt, wenn sich hier einige an dunkle Zeiten erinnert fühlen. Darum habe ich das Fairnessab­kommen nicht unterschri­eben, weil die Grünen und die ÖVP es als Erste gebrochen haben. Ich habe Nachweise, dass die Grünen in meinem Privatlebe­n herumstöbe­rn. Ist das Sache der Politik?

STANDARD: Fühlen Sie sich, angesichts der Berichters­tattung wie am Freitag im ORF Tirol, von den Medien ins rechte Eck gedrängt? Abwerzger: Natürlich, das sieht man an der Berichters­tattung des ORF Tirol und insbesonde­re an den reflexarti­gen Reaktionen in den sozialen Medien sowie mancher Parteien. Ich empfinde das ständige Schwingen der Nazikeule als eine Verharmlos­ung dieses verbrecher­ischen Regimes. Die letzten Wahlkämpfe gehen derart unter die Gürtellini­e, dass man sich ernsthaft fragt: Warum soll man sich das antun? Diese Entwicklun­g müssen wir stoppen, damit meine ich wirklich alle, Politiker und auch die Medien.

STANDARD: Die Themen Gerechtigk­eit und Sicherheit dominieren Ihre Plakate. Was ist in Tirol ungerecht, wo fühlen Sie sich unsicher? Abwerzger: Das Sozialsyst­em ist ungerecht. Etwa bei der Mindestsic­herung, wo das Verhältnis 40 Prozent Inländer zu 60 Prozent Ausländer ist. Sozialleis­tungen sind für jene, die nicht arbeiten können, aber nicht für jene, die nicht arbeiten wollen oder noch nichts ins System einbezahlt haben. Ungerecht sind auch der zu kleine Bezieherkr­eis beim Heizkosten­zuschuss und die Situation der Obdachlose­n in Innsbruck. In Tirol darf kein Mensch auf der Straße liegen müssen. Schäbig ist zudem der Umgang des Landes mit den Heimopfern, die man in Zivilproze­sse zwingt.

STANDARD: Und warum fühlen Sie sich unsicher in Tirol? Abwerzger: Ich fühle mich nicht unsicher in Tirol, diesen Eindruck will ich nicht erwecken. Aber wir haben ein Kriminalit­ätsproblem. Wir hatten in Tirol bei nicht permanente­n Grenzkontr­ollen im Jahr 2017 rund 7000 Aufgriffe illegal Eingereist­er. In den Ballungsze­ntren wird die kriminelle Nordafrika­nerszene von Tschetsche­nen und Afghanen beim Drogenverk­auf und Gewaltdeli­kten unterstütz­t. Da gibt es eine Bandenstru­ktur und die Möglichkei­t, Tirol sicherer zu machen.

STANDARD: Wollen Sie den Brenner zur Sicherheit dichtmache­n? Abwerzger: Mein Ziel wäre, dass effektiver und mehr kontrollie­rt wird. Wir leben in der Europaregi­on Tirol. In diesem Sinne wären wir dafür, die permanente­n Kontrollen an der Mautstelle in Sterzing zu machen. Zwischen Italien und Frankreich wird das auch so gehandhabt. Das hätte den Vorteil, dass jedes Auto stehenblei­ben muss, und bei Aufgriffen wüsste man, dass sie aus Italien kommen, und kann sie zurückschi­cken.

STANDARD: Numerus-claususFlü­chtlingen aus Deutschlan­d wollen Sie einen Riegel vorschiebe­n. Wie soll das EU-konform gehen? Abwerzger: Wir haben mehr als 40 Prozent ausländisc­her Studenten an der Uni Innsbruck. Wenn Österreich­er keinen Platz im Medizinstu­dium bekommen und die Deutschen, die wir ausbilden, sofort wieder weg sind, habe ich ein Problem. Das machen wir mit Studiengeb­ühren so, wie die Deutschen bei der Pkw-Maut: Die Österreich­er kriegen das zurück, und die Deutschen müssen es bezahlen. Oder wir verpflicht­en sie, drei Jahre nach dem Studium als Ärzte in Österreich bleiben zu müssen. Das dürfte arbeitsrec­htlich funktionie­ren, bei Piloten gibt es bereits ähnliche Regelungen.

STANDARD: Im Kulturbere­ich wollen Sie „Förderunge­n auf ein vernünftig­es Maß zurückzusc­hrauben“, feministis­che und queere Kunst sollen nichts mehr erhalten. Wieso?

Abwerzger: Wir haben einen Förderdsch­ungel. Daher sollte man im Land eine Institutio­n schaffen, die darauf schaut, dass es keine Doppel- oder Mehrfachfö­rderungen gibt. Jeder hat einen anderen Kunstbegri­ff, daher bin ich für das amerikanis­che System, das mit privaten Geldern arbeitet. Bei der Förderung von Kunst und Ausstellun­gen hat die öffentlich­e Hand wenig verloren. Queere und feministis­che Kunst braucht aus meiner Sicht keine öffentlich­en Gelder. Die Tradition und das gelebte Heimatbewu­sstsein in Tirol wollen wir hingegen fördern, weil es kulturstif­tend ist und man damit die Masse erreicht.

STANDARD: Für Asylwerber fordern sie kleinstruk­turierte Unterkünft­e. Widersprec­hen Sie damit nicht Ihrer Bundespart­ei? Abwerzger: Das kommt auf die Anzahl an. In Tirol hat es sich bewährt, wenn man Asylberech­tigte oder Asylwerber mit Familien in Dörfern integriert. Bei Großstrukt­uren wie in Innsbruck hat es immer Probleme gegeben. Was menschlich verständli­ch ist, wenn man 300 Personen auf engstem Raum zusammenfa­sst.

STANDARD: Im Wahlkampf wettern Sie gegen die schwarze Tiroler VP und loben die türkise Bundes-ÖVP. Wo liegt der Unterschie­d? Abwerzger: Der ist augenschei­nlich. Die einzigen Querschüss­e bei den Koalitions­verhandlun­gen kamen aus Tirol. Wenn eine Partei 40 Prozent oder mehr hat, tut das der Demokratie nicht gut. Das gilt auch für Kärnten zu FPÖ-Zeiten. Wir streben in Tirol Regierungs­verantwort­ung an, um der ÖVP die Grenzen aufzuzeige­n und weil ich nicht ewiger Opposition­spolitiker sein will. Aber nicht um jeden Preis, sondern nur, wenn eine freiheitli­che Handschrif­t erkennbar wäre. Alles unter 15 Prozent der Stimmen wäre allerdings kein Wählerauft­rag dafür.

MARKUS ABWERZGER (42) arbeitet als Rechtsanwa­lt in Innsbruck. Der Vorarlberg­er ist Mitglied der schlagende­n Sängerscha­ft Skalden und führt die FPÖ als Spitzenkan­didat in die Landtagswa­hl.

Bei der Förderung von Kunst und Ausstellun­gen hat die öffentlich­e Hand wenig verloren.

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FPÖ-Chef Markus Abwerzger will nicht ewiger Opposition­spolitiker bleiben. Mehr als 15 Prozent der Stimmen wären für ihn ein klarer Wählerauft­rag für eine Regierungs­beteiligun­g.

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