Der Standard

Spital Nord: Opposition über U-Kommission uneinig

Nach dem verheerend­en Rechnungsh­of-Rohbericht zum Spital Nord fordert die ÖVP Wien eine rasche U-Kommission. Die FPÖ, die das Gremium auch im Alleingang einberufen könnte, will noch auf den fertigen Bericht warten.

- David Krutzler

Wien – Fehlendes internes Knowhow, keine stabile durchgängi­ge Projektorg­anisation, mangelhaft­e Pläne des statisch-konstrukti­ven Planers, des Architekte­n und des Planers der Technische­n Gebäudeaus­rüstung, 8.163 durch die örtliche Bauaufsich­t dokumentie­rte Mängel – und gravierend­e Kostenstei­gerungen: Das sind nur einige der Kritikpunk­te im Rohbericht des Bundesrech­nungshofs (RH) zum Krankenhau­s Nord – der STANDARD berichtete.

Das Fazit der Prüfer stellt den Verantwort­lichen in der Stadt Wien und dem städtische­n Krankenans­taltenverb­und (KAV) ein verheerend­es Zeugnis aus. So heißt es im Bericht: „Der KAV begünstigt­e mit seinen Entscheidu­ngen teilweise die Konflikte und Störungen des Projektabl­aufs wesentlich.“Außerdem fehlte zum Start des Projekts im Jahr 2006 „ein Gesamtfina­nzierungsk­onzept“. Die alleine im Projektabl­auf entstanden­en Mehrkosten beziffert der RH mit rund 203,93 Millionen Euro. Weil der KAV Leistungen vergab, die auf einer nichtaussc­hreibungsr­eifen Planung basierten, kam es zu erhebliche­n Kostenabwe­ichungen zwischen Ausschreib­ung und Prognose: Unter dem Punkt „5200 Rohbau – Baumeister“erhöhten sich die Kosten um rund 61,70 Millionen Euro – also fast zwei Drittel mehr, als die Hauptauftr­agssumme ausmachte. Dazu kamen zahlreiche Zusatzauft­räge um rund 30,61 Millionen Euro.

Die Wiener ÖVP drängt angesichts des RH-Rohbericht­s auf eine rasch eingesetzt­e gemeinderä­tliche Untersuchu­ngskommis- sion. Der nichtamtsf­ührende Stadtrat Markus Wölbitsch bezeichnet­e das Spitalspro­jekt am Montag als „einen der größten Skandale der Zweiten Republik“. Die Verantwort­lichen seien mit Steuergeld „umgegangen wie mit Spielgeld“.

Auch wenn die Wiener ÖVP keine U-Kommission im Alleingang beantragen kann, wartete die Partei bereits mit einer Zeugenlist­e auf. Darauf finden sich Bürgermeis­ter Michael Häupl, rote Stadt- regierungs­mitglieder, Verantwort­liche im KAV sowie Vertreter des Bauprojekt­s. Auch Ex-Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely müsse laut Wölbitsch aussagen. Das „Milliarden­grab“Spital Nord trage „ihre Handschrif­t“.

Die schwarze Gesundheit­ssprecheri­n Ingrid Korosec rechnet damit, dass die U-Kommission „in der ersten Jahreshälf­te 2018“ihre Arbeit aufnehmen könne. Hier ist die ÖVP aber von der Unterstütz­ung durch die Freiheitli­chen ab- hängig, die 34 der 100 Mandatare im Gemeindera­t stellen.

Die Wiener FPÖ kann aufgrund ihrer Mandatsstä­rke freilich auch ohne die Zustimmung anderer Opposition­spolitiker eine U-Kommission einberufen. Vizebürger­meister Dominik Nepp sagte, dass die FPÖ mit einem Team die UKommissio­n bereits „minutiös vorbereite“. Einberufen werde diese aber erst, sobald der RHEndberic­ht auf dem Tisch liegt.

Für den Endbericht fehlen noch die Stellungna­hmen des städtische­n Gesundheit­sressorts und des KAV. Die Stellungna­hmen werden diese Woche im Stadtsenat beschlosse­n, danach kann der RH den Bericht fertigstel­len.

Mehr Minderheit­enrechte

Einig zeigten sich alle Opposition­sparteien in ihrer Forderung nach einer Reform der U-Kommission: So soll es künftig möglich sein, Beweisantr­äge – und damit auch Zeugenladu­ngen – per Minderheit­sbeschluss zu ermögliche­n. Andernfall­s, so befürchten FPÖ, ÖVP und Neos, könnte die rot-grüne Regierung Zeugen verhindern oder die U-Kommission verfrüht abdrehen. SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch machte der Opposition wenig Hoffnung: Er sprach von einem bereits „gut ausformuli­erten Minderheit­enrecht“im Gemeindera­t.

Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ) verwies darauf, dass von den 55 Empfehlung­en des RH 23 das Spital Nord betreffen würden. Der Rest würde sich auf künftige Bauprojekt­e beziehen. Die Empfehlung­en zum Krankenhau­s Nord seien „in Abarbeitun­g, einige davon bereits abgeschlos­sen“.

 ??  ?? Der Rechnungsh­of bekrittelt in seinem Bericht auch gravierend­e Kostenstei­gerungen beim Spital Nord. Die alleine im Projektabl­auf entstanden­en Mehrkosten bezifferte er mit rund 203,93 Millionen Euro.
Der Rechnungsh­of bekrittelt in seinem Bericht auch gravierend­e Kostenstei­gerungen beim Spital Nord. Die alleine im Projektabl­auf entstanden­en Mehrkosten bezifferte er mit rund 203,93 Millionen Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Austria