Der Standard

Außenpolit­ische Geisterfah­rer

Die FPÖ gefährdet mit ihrem antiwestli­chen Kurs Österreich­s Image und die Koalition

- Eric Frey

Der Plan von Sebastian Kurz war klar: Mit der Regierungs­beteiligun­g würde er die FPÖ zur Mäßigung zwingen und sich einen willigen, leicht lenkbaren Koalitions­partner schaffen. Der rechtspopu­listische Radau werde sich in Grenzen halten, hat ihm Heinz-Christian Strache offenbar versproche­n. Denn wer mitregiert, will schließlic­h vor allem mit Kompetenz punkten.

Ob dieser Plan aufgeht, wird sich erst zeigen. Woran er letztlich scheitern kann, ist jetzt schon ersichtlic­h. Da sind einerseits die zahlreiche­n antisemiti­schen und rassistisc­hen Ausbrüche in den unteren und mittleren Funktionär­sreihen. Gegen die kann Strache kurzfristi­g wenig tun; schließlic­h kann er nicht seinen gesamten Parteiappa­rat austausche­n, bloß um respektabe­l zu erscheinen.

Gefährlich­er für die Zukunft der Koalition, weil von oben gesteuert, ist die bizarre außenpolit­ische Linie, die die FPÖ fährt. Sie hat sich zwar im Regierungs­programm zu einer proeuropäi­schen Linie verpflicht­et und mit Karin Kneissl eine Außenminis­terin eingesetzt, für die man sich bisher wenig genieren muss. Aber sonst tun Strache und seine Leute so, als säßen sie immer noch in der Opposition und könnten auf alle internatio­nalen Vereinbaru­ngen und Verpflicht­ungen pfeifen.

Da wird Bosnien-Herzegowin­a die Existenzbe­rechtigung abgesproch­en und die bosnischen Serben zur Sezession ermutigt; da wird der von Österreich längst anerkannte Kosovo gegenüber einer Belgrader Zeitung „zweifelsoh­ne zum Bestandtei­l Serbiens“erklärt. Selbst wenn Strache dies nicht so gemeint hat: Ein Vizekanzle­r darf sich bei einem so sensiblen Thema nicht missverstä­ndlich ausdrücken. a reisen FP-Parlamenta­rier immer noch in offizielle­r Mission in die Krim und durchbrech­en die westliche Front gegen die Anerkennun­g der russischen Annexion. Da heißen Kneissl und Strache einen israelisch­en Abgeordnet­en willkommen, der die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem zerstören will, um auf dem Platz einen neuen jüdischen Tempel zu errichten. Es ist ja zu verstehen, dass sich die FPÖ über jedes Signal aus Israel freut, aber ein Extremist wie Jehuda Glick ist kein Gesprächsp­artner für die Minister eines EU-Staates.

Den ungarische­n Premier Viktor Orbán darf Strache in Wien ruhig treffen;

Daber den Verfechter einer „illiberale­n Demokratie“als „großen Freund Europas“zu preisen ist ein klares Zeichen, dass die FPÖ ihre EU-Feindlichk­eit nicht abgeworfen hat. Dass die blaue Delegation im EU-Parlament das Bündnis mit Marine Le Pen nicht sofort verlässt, kann man noch mit institutio­neller Trägheit rechtferti­gen. Hingegen ist die Teilnahme des EUParlamen­tariers Harald Vilimsky diese Woche am politische­n Aschermitt­woch der AfD, die immer stärker ins rechtsextr­eme Fahrwasser abgleitet, eine gegen Angela Merkel und die ÖVP gerichtete Provokatio­n.

Warum die FPÖ-Granden dies tun, ist unverständ­lich. Der prorussisc­he, proserbisc­he und antiwestli­che Kurs mag unter Funktionär­en beliebt sein, die meisten Wähler aber lassen diese Themen kalt. Strache gefährdet mit seiner außenpolit­ischen Geisterfah­rt das vielleicht wichtigste Ziel des Kanzlers: Österreich­s Image als verlässlic­her Partner in Europa. Selbst wenn Kurz glaubt, bei anderen blauen Rülpsern weghören zu können: Hier muss er bald ein Machtwort sprechen. Betreibt die FPÖ weiter eine exzentrisc­he Parallel-Außenpolit­ik, dann fliegt irgendwann die Koalition in die Luft.

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