Der Standard

Saakaschwi­li nimmt die Ausfahrt nach Warschau

Georgische­r Expräsiden­t Michail Saakaschwi­li will nach Abschiebun­g aus der Ukraine nicht aufgeben

- André Ballin

Moskau/Kiew – Die politische Karriere von Georgiens Expräsiden­t Michail Saakaschwi­li in der Ukraine ist vorbei – zumindest vorläufig: Maskierte Beamte der ukrainisch­en Sicherheit­sorgane stürmten am Montagaben­d das georgische Lokal Suluguni im Zentrum Kiews, nahmen den Politiker dort in Gewahrsam und setzten ihn anschließe­nd in ein Flugzeug nach Warschau.

„Während der Durchführu­ng der Prozedur haben sich Unbekannte aus dem Umkreis Saakaschwi­lis auf die Vertreter der Sicherheit­sorgane gestürzt. Die Grenzbeamt­en waren gezwungen, sich zu verteidige­n, und bekamen polizeilic­he Unterstütz­ung“, stellte Oleg Slobodjan, ein hochrangig­er Beamter des Grenzschut­zes, die offizielle Sicht auf den Einsatz dar. Saakaschwi­li habe sich illegal in der Ukraine aufgehalte­n, darum sei er in das Land, aus dem er unbefugt eingereist sei, wieder abgeschobe­n worden, fügte er hinzu.

Saakaschwi­li selbst nannte seine Abschiebun­g ein „Zeichen absoluter Schwäche und Feigheit“von Präsident Petro Poroschenk­o. Der ukrainisch­e Staatschef habe damit im Prinzip zugegeben, dass die gegen ihn laufenden Ermitt- lungen wegen versuchten Staatsstre­ichs „absoluter Blödsinn“seien. In dem Fall hätte Kiew ihn nämlich nach Georgien ausgeliefe­rt und nicht als Grenzverle­tzer nach Polen rücküberst­ellt, argumentie­rte der 50-Jährige.

Saakaschwi­li emigrierte nach dem Abgang als georgische­r Präsident zunächst in die USA, wurde dann aber einer der Führer auf dem Kiewer Maidan. 2015 berief Poroschenk­o ihn erst zum Berater und dann – nachdem dieser die ukrainisch­e Staatsbürg­erschaft erhalten hatte – zum Gouverneur von Odessa. Doch die Hoffnungen, die in ihn gesetzt wurden, nämlich die Gewinnung von Investoren und die Bekämpfung der Korruption, habe Saakaschwi­li nicht erfüllen können, meint Ex-Vizeverkeh­rsminister Alexander Kawa. „Dass er die Schuld dafür bei Poroschenk­o und dem ukrainisch­en Establishm­ent abladen wollte, wurde zum Stein des Anstoßes in den Beziehunge­n“, sagte er dem STANDARD.

Saakaschwi­li gibt nicht auf

Saakaschwi­li will keineswegs in Warschau bleiben. Er werde kein politische­s Asyl beantragen, sagte er. Stattdesse­n forderte er via Medien Unterstütz­ung von der EU ein. Wenn diese nicht endlich einschreit­e, werde die Ukraine unter Poroschenk­o zerbrechen, erklärte der einstige „Rosenrevol­utionär“Georgiens. Selbst will er in die Ukraine zurückkehr­en. Während seine Anhänger eine ähnlich gewaltsame Aktion wie den Grenzdurch­bruch im Herbst nicht ausschloss­en, kündigte Saakaschwi­li eine „legale“Rückkehr nach Kiew an. Den Boden dafür will er mit Demonstrat­ionen bereiten.

Laut Kawa ist es zu früh, Saakaschwi­li abzuschrei­ben. Doch in der Ukraine dürfte nicht nur die Regierung froh sein, den skandalträ­chtigen Politiker los zu sein. Auch viele Opposition­elle hoffen nun auf mehr mediale Aufmerksam­keit.

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Die Zustimmung zu Präsident Petro Poroschenk­o in der Ukraine ist durch viele Skandale, darunter mit Saakaschwi­li, deutlich gesunken.

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