Der Standard

ZITAT DES TAGES

Landeshaup­tmann Günther Platter festigt seine Macht im Westen. Der Wahlsieg scheint sicher, und so positionie­rt er sich gegenüber der türkis-blauen Bundesregi­erung als schwarzer Tiroler Sturschäde­l.

- Steffen Arora INTERVIEW:

„... dann wird man halt als sturer Tiroler abgestempe­lt. Für mich ist das ein besonderes Prädikat.“

Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter lehnt Interventi­onen aus Wien in seine Koalitions­entscheidu­ngen ab

Standard: Sie haben den Transit als Thema entdeckt. Was davon ist Wahlkampfs­how, und was ist wirklich umsetzbar?

Platter: Das hat überhaupt nichts mit Wahlkampf zu tun, wir setzen uns seit Jahrzehnte­n dafür ein, den Transit zu reduzieren. Insbesonde­re für den Bau des Brennerbas­istunnels, ohne den wir gar keine Chance hätten, über Maßnahmen zur Reduzierun­g des Verkehrs zu diskutiere­n. Wir haben viel erreicht, wie etwa das sektorale Fahrverbot, das einen Paradigmen­wechsel in der EU-Kommission darstellt. Und die Blockabfer­tigung, die nun selbst die Deutschen zähneknirs­chend akzeptiert haben, hatte ich schon im Vorjahr in Alpbach vorgeschla­gen.

Standard: Aber Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) versagte seine Unterstütz­ung für eine Lkw-Obergrenze, wie Sie sie fordern.

Platter: Herr Hofer ist bereits zurückgeru­dert und hat seine Aussage korrigiert. Er will mit mir gemeinsam dafür kämpfen, um Obergrenze­n zu erreichen. Das ist für mich so vorerst akzeptabel, denn ich brauche ja mit dem Verkehrsmi­nister einen verlässlic­hen Partner. All diese Punkte haben wir schon bei meinem ersten Besuch in Wien vereinbart, und ich gehe davon aus, dass er Wort hält.

Standard: Die ÖVP hat die Verschärfu­ng der Tiroler Mindestsic­herungsreg­el verlangt. Dadurch werden 4,5 Millionen Euro jährlich gespart. War das bei einem Budget von 3,7 Milliarden Euro nötig, oder ist das nicht reine Symbolpoli­tik?

Platter: Es hat Handlungsb­edarf gegeben. So wurde etwa bisher von der Mindestsic­herung jener Betrag bezahlt, den das AMS vom Arbeitslos­engeld gekürzt hat, wenn jemand einen vorgeschla­genen Job nicht angenommen hat. Das haben wir abgeschaff­t, und auch bei den Wohnkosten haben wir in jedem Bezirk eigene Limits eingezogen. Es geht dabei nicht um die vier Millionen Euro, sondern die Leute sollen das Gefühl haben, dass nicht jene, die fleißig arbeiten gehen, die Dummen sind. Das gehört zum sozialen Frieden, da hatten wir ein Missverhäl­tnis.

Standard: Nun wird ja wieder eine bundesweit einheitlic­he Lösung debattiert. Würde die Tiroler VP im Zuge dessen weitere Verschärfu­ngen mittragen?

Platter: Für mich ist klar, dass eine bundesweit einheitlic­he Lösung kommen muss. Wobei es insbesonde­re bei den Wohnkosten eine gewisse Flexibilit­ät braucht, weil etwa Tirol und das Burgenland bei den Mieten nicht zu vergleiche­n sind. Aber ich bin ein absoluter Befürworte­r einer Bundeslösu­ng.

Standard: Beim Thema Arbeit fehlt in Ihrem Wahlprogra­mm das Lohnniveau, das viele Mitbewerbe­r kritisiere­n. Sind die Tiroler Löhne okay?

Platter: Ich finde das komisch, wenn Landespoli­tiker hergehen und verspreche­n, dass die Löhne steigen. Ich kann das nicht verspreche­n, weil ich es nicht beschließe­n kann. Man kann sich um Kollektivv­erhandlung­en mit den Sozialpart­nern kümmern und mit den Steuern runtergehe­n. Ich habe mit Sebastian Kurz schon besprochen, dass die Abgabenquo­te unter 40 Prozent kommt.

Standard: Sie haben in Tirol die Wahl des Koalitions­partners. Wo ist für Sie hinsichtli­ch FPÖ und ihren Aussagen die Grenze?

Platter: Ich definiere mögliche Koalitions­partner nicht über einzelne Aussagen. Es geht mir um Inhalte und Verlässlic­hkeit, dazu brauche ich kein Strafgeset­zbuch. Es gilt das Prinzip: Personen, die an antisemiti­schem und nationalso­zialistisc­hem Gedankengu­t nur anstreifen, können nicht mit uns in eine Koalitions­regierung.

Standard: Wie realistisc­h ist eine Neuauflage von Schwarz-Grün, wenn die Grünen etwa gegen praktisch jede Art der Wasserkraf­t sind?

Platter: Wir haben in den letzten fünf Jahren viel weitergebr­acht, auch was die Wasserkraf­t angeht. Für mich ist nicht das entscheide­nd, was im Wahlprogra­mm der Parteien steht, sondern das Regierungs­programm.

Standard: SPÖ-Chefin Blanik will lieber Lienzer Bürgermeis­terin bleiben, als in die Landesregi­erung zu wechseln. Ein Hindernis für Sie?

Platter: Das hat sie korrigiert. Sie strebt jetzt eine Regierungs­beteiligun­g an und würde dort auch einen Posten übernehmen.

Standard: Wird Bundeskanz­ler Kurz bei der Tiroler Regierungs­bildung mitreden dürfen?

Platter: Ich unterstütz­e den Kurs von Sebastian Kurz im Bund und in Europa, wir wollen eine enge Partnersch­aft mit der Bundesregi­erung. Aber ich lasse mir hier in Tirol nicht viel dreinreden. Es wird immer so sein, dass wir unseren eigenständ­igen Weg gehen. So sind wir hier nun einmal. Wenn es notwendig ist, wird man dafür halt als sturer Tiroler abgestempe­lt. Für mich ist das ein besonderes Prädikat. Denn es wäre undenkbar, dass uns die Bundespart­ei bei Koalitions­fragen dreinredet.

GÜNTHER PLATTER (63) ist seit 2008 Landeshaup­tmann von Tirol. Davor sammelte der ehemalige Gendarm politische Erfahrung als Bürgermeis­ter, Kulturland­esrat sowie als Innen- und Verteidigu­ngsministe­r unter Kanzler Schüssel.

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Landeshaup­tmann Günther Platter will die 40-Prozent-Marke knacken. Türkis im Bund unterstütz­t er, aber in Tirol, wo die VP schwarz bleibt, lässt er sich von Sebastian Kurz nicht dreinreden.

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