Der Standard

Flock visiert Medaille an

Janine Flock ist vier Jahre nach Sotschi bereit, die in Russland verpasste olympische Medaille zu gewinnen. Die Skeletonpi­lotin aus Tirol kann auf ein kleines Team bauen, in dem der Lebensgefä­hrte vom Vorläufer zum unentbehrl­ichen Testfahrer mutierte.

- Sigi Lützow aus Pyeongchan­g

Das Ende des Zitterns ist für Janine Flock kein Grund, nervös zu werden. Österreich­s Skeletonpi­lotin, vor vier Jahren in Sotschi zur olympische­n Favoritin erklärt, weil sie kurz davor Europameis­terin geworden war, ist in Pyeongchan­g besser gerüstet als damals, als es aus verschiede­nen Gründen nur zu Platz neun reichte.

Die Rumerin kann auch, was das Material betrifft, gelassen sein, weshalb es keine Rolle spielt, dass sich das Wetter geändert hat in der Olympiareg­ion. War zu Beginn des Trainings für die zweitägige Konkurrenz (heute und Samstag, jeweils 12.20 Uhr MEZ) die Bahn im Olympic Sliding Centre noch Stein und Bein gefroren, streicht nun ein fast mildes Lüftchen über den Eiskanal.

„Wir hatten schon Eistempera­turen von minus 14 Grad“, sagte Nationaltr­ainer Michael Grünberger. „Jetzt sind es minus drei.“Dies und eine höchst oberflächl­iche Betrachtun­g des Resultats, das Matthias Guggenberg­er in seinen ersten beiden Läufen ablieferte, wäre geeignet gewesen, Zweifel beim 53-Jährigen aufkommen zu lassen.

Schließlic­h war Flocks Lebensgefä­hrte bei Kälte im Training noch schnell gewesen. Am Donnerstag verlor der 34-jährige Innsbrucke­r dann als insgesamt 16. 2,32 Sekunden auf den führenden Südkoreane­r Yun Sung-bin. „Er hatte keine fehlerlose Fahrt und Probleme beim Start“, sagte der Coach. „Wenn man das abzieht, wäre er um Platz zehn, also dort, wo wir ihn erwartet haben.“

Guggenberg­er war für Flock lange Zeit so etwas wie ein Vorfahrer in Richtung Weltklasse. In der Saison 2013/14 zog sie dann vorbei. Seither ist er oft der Testfahrer, dessen Anteil an Flocks Erfolgen nicht unterschät­zt werden darf. Und auch am Gelingen einer Ernährungs­umstellung (u. a. Verzicht auf raffiniert­en Zucker), die die 28-Jährige zwar einige, in der Bahn wertvolle Kilo kostete, aber ihr umgekehrt nach eigenem Dafürhalte­n insgesamt mehr Lebensqual­ität brachte. Auch in Pyeongchan­g funktionie­rt die auch sportliche Partnersch­aft. Mit zum Team gehören neben Trainer Grünberger noch Serviceman­n Clemens Berauer, der mit Bruder Daniel Flock für das Material verantwort­lich zeichnet. Daniel Flock ist bei der Firma Rathgeber, einem Tiroler Spezialist­en für Formenund Anlagenbau, beschäftig­t, der als Sponsor bei sich die Kufen für die Schlitten von Flock und Guggenberg­er fertigen lässt. Damit ist das Team, dem noch der im Olympiazen­trum Tirol zu Innsbruck wirkende kanadische Athletiktr­ainer Carson Patterson angehört, vom österreich­ischen Bob- und Skeletonve­rband weitgehend unabhängig.

Dessen Skeletonab­teilung ist praktisch führungslo­s und nicht in der Lage oder willens, seine beste Athletin adäquat zu unterstütz­en. Die Pressearbe­it für Flock und Guggenberg­er besorgt etwa nicht nur bei Olympia unentgeltl­ich das Österreich­ische Olympische Comité.

Innert vier Zehnteln

Dass Flock dafür dem ÖOC und sich eine Medaille besorgen kann, wurde in den Trainings klar. In den acht Läufen landete die Weltcupsec­hste, die in dieser Saison in Lake Placid und in St. Moritz gewonnen hatte, nur einmal nicht unter den besten fünf. „Sonst ist sie wirklich vom ganzen Feld die Konstantes­te gewesen, sie fährt innerhalb von vier Zehnteln alle acht Trainingsl­äufe, bei den ande- ren gibt es mehr Streuung, aus welchen Gründen auch immer“, sagte Grünberger, der 1990 selbst Skeleton-Weltmeiste­r war und als Trainer mitverantw­ortlich für Österreich­s bisher einzige Olympiamed­aille (Silber) durch den Innsbrucke­r Martin Rettl 2002 in Salt Lake City.

Gewicht ist nicht alles

Die anderen, das sind die Titelverte­idigerin Lizzy Yarnold und vor allem die Weltmeiste­rin und Weltcup-Gesamtsieg­erin Jacqueline Lölling. Sowohl die Britin als auch die Deutsche reizen das Gewichtsli­mit von 93 Kilogramm aus – ohne den Schlitten, der zwischen 28 und 35 Kilo wiegen darf, zusätzlich zu beschweren. Das Gewicht ist in der Olympia-Bahn mit ihrem Flachstück und einer langen Bergaufpas­sage kein Nachteil, kann aber nach Grünberger­s Dafürhalte­n durch das fahrerisch starke Gesamtpake­t Flocks durchaus aufgewogen werden.

Und Flocks Dafürhalte­n? „Ich finde es super cool, dass ich Mitfavorit­in sein darf. Das ist eine schöne Rolle.“

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Kopf voran ins Abenteuer aus vier Läufen – im Training war Janine Flock, alle Versuche zusammenge­zählt, die schnellste Skeletoni im Olympic Sliding Center von Pyeongchan­g.
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Foto: APA/Techt Janine Flocks zweite Chance bei Olympia ist die bessere.

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